er macht die Fehler? Immer nur die anderen?
Man sagt nicht von ungefähr „wer sich rechtfertigt, klagt sich an”.
Bei uns im Haus ist es gang und gäbe, dass man am Anfang einer neuen Woche das Kehrwochenschild eine Tür weiterreicht. Nachdem es bei mir hing, als ich vom Urlaub zurückkehrte, habe ich also Kehrwoche gemacht und das Schild weitergereicht. „Alles in Ordnung, erledigt!” – so dachte ich. Am nächsten Morgen: Klingeling, die Dame, der ich das Schild an die Tür gehängt hatte, steht mit in die Hüften gestemmten Armen vor meiner Tür. „Was das soll? Das mit dem Schild?” Ich wäre schon vor einer Woche drangewesen. Sie hätte die Kehrwoche bereits für mich gemacht. Auweia. Nichts genutzt – doppelt geputzt. Doch statt des ihrerseits erwarteten Dankeschöns für ihre Mühe erteile ich ihr eine Abfuhr: sie möge sich nicht in Angelegenheiten einmischen, die sie nichts angehen. Ich bin nicht sehr freundlich (wir sind uns seit Anbeginn nicht grün), rede mich heraus, und es fällt mir schwer, zuzugeben, dass es mein Fehler war.
Sie glauben nicht an kausale Zusammenhänge, an das Gesetz von Ursache und Wirkung? Am darauffolgenden Tag hatte ich mir beim Mittagessen am dampfenden Gemüseeintopf leicht die Zunge verbrannt. Ein Mißgeschick, wie es jeder Mensch erleben kann. Weshalb, warum, wieso? Das sind die wesentlichen Fragen, die man sich bei derartigen Gelegenheiten stellen sollte. Ist bei Ihnen jetzt der Groschen gefallen? Ich hatte am Vortag meine Zunge nicht im Zaum gehalten. Die brennende Zunge beim Mittagessen des darauffolgenden Tages erinnerte mich schmerzhaft daran. Und damit hat das Mißgeschick auch schon seinen Zweck erfüllt. Es kann demjenigen, der es erlebt, helfen, kausale Zusammenhänge mit dem Vortag aufzuspüren, um dadurch die Schattenseiten der eigenen Persönlichkeit besser kennenzulernen. Das aber ist die große Chance, eben diese Schattenseiten mit der Zeit zu überwinden – so wie beispielsweise meine Neigung, mich für gemachte Fehler zu rechtfertigen.