Demut, Teil II: die Praxis - mein 17267. Tag


Am Sonntag kehret Sonnenschein
in jedes fröhlich’ Herz hinein,
allein, wie steht’s, mein Herr, mit Ihnen,
dem Montag Demut anzudienen?

Nun ja, der Alltag hat mich wieder,
und auch der Wille senkt sich nieder;
frei ist er, doch die alte Leier
——–
macht mich nicht froh
und auch nicht freier;

der Löwe will gebändigt sein,
dass Demut schleich’ ins Herz hinein…

ich will nicht, was ich soll – ich soll nicht, was ich mag, oder:
„ich esse meine Suppe nicht!”

ehen wir in’s Detail – die Chronologie der gestrigen Ereignisse . . .

Ende gut, alles gut -
und die Moral von der Geschicht?
Böse Buben hören nicht.
Mein Wille ist geschehen,
und trotzdem musst ich gehen,
dorthin wo ER mich haben wollte;
man tut nicht gerne, was man sollte.
Wenn fröhlich wir kapitulieren,
kommt schon das Glück, zu gratulieren!
Der Wille muss gebrochen sein,
erst dann kehrt Friede bei uns ein.




Demut entwickeln - mein 17266. Tag


estern zog es mich hinauf, auf die lieblich gewellte Ebene des Heckengäus, das sich wie ein nachlässig hingeworfenes Tischtuch bis hin zu den Wipfeln der aus schattigen Tälern aufragenden Schwarzwaldtannen ausbreitet. So sog ich den würzigen Duft eines klaren Herbstmorgens ein, und erfreute mich an der Sonne, die an einem makellos blauen Bilderbuchhimmel emporstieg. Des öfteren mag ich hier verweilen – erinnern mich die sanft geschwungenen Hügel doch an die Ideallandschaften Italiens, wie wir sie in der Toskana, in Umbrien oder im Latium finden.

 

Eine typische Eigenart des Heckengäus sind seine Hecken – wer hätte das gedacht? Sie bieten einer Vielzahl seltener Pflanzen- und Vogelarten Lebensraum. So durchquert man immer wieder Naturschutzgebiete; lichte Mischwälder wechseln sich ab mit Streuobstwiesen, und gelegentlich radelt man an einer Schafherde vorbei. Die Schafbeweidung fördert die Erhaltung einer uralten Kulturlandschaft, die ohne Hege und Pflege in kurzer Zeit von Bäumen überdeckt wäre. Vorbei geht es an Weißdornhecken, an Sanddornbüschen und Schlehenbäumchen, und unvermittelt trete ich auf die Bremse: da prangen nachtblaue Früchte an flechtenbehangenen dürren Ästchen, die unter ihrer schweren Last schier zu brechen drohen; sie gehören zu einer Reihe wilder Zwetschgenbäume, die vom Heckengewirr umschlungen sind. Der ganze Boden ist voll, wie Ostereier liegen die süßen Früchte unter Grashalmen und verdorrten Blättern versteckt. Niemand hat sich die Mühe gemacht, sie aufzulesen. Erde zu Erde, Staub zu Staub – die Zwetschgen den Würmern? Ich bücke mich nieder, und fülle mit der eingesammelten Ernte meine Gepäcktasche; es ist ein winziger Bruchteil dessen, was noch auf dem Boden verbleibt. Die Würmer werden nach wie vor einen reichlich gedeckten Tisch vorfinden!

Sich bücken ist ein Zeichen von Demut. Der Bauer duckte sich einst im Frühjahr tief in seine Ackerfurche, um zu pflanzen, und noch einmal, tiefer noch, im Herbst vor dem Landvogt und dem Steuereinnehmer, um ihnen das zu geben, was man einen Zehnt nennt. Noch heute finden wir in alten Dörfern Zehntscheuern, und manche von ihnen sind hübsch herausgeputzt.

Der zehnte Teil der Ernte, der zehnte Teil des Einkommens – das ist der Anteil, den man leicht entbehren kann, und der sich seit biblischen Zeiten wohl bewährte – warum haben wir denn heute diese Richtschnur so sehr aus den Augen verloren?

Man kann die Kuh nur melken, solange sie gut im Futter steht – doch dann entwickelt sie einen mächtigen Appetit. Und nun? Jetzt stehen wir vor leeren Trögen. Sind daran nicht vor allem unsere überzogenen Wünsche und Forderungen schuld? Müssen wir nicht wieder von neuem lernen, eigenverantwortlich zu leben und zu handeln? Bescheidenheit ist eine Zier. In Zeiten wie der unsrigen sollten wir den Blick für das Wesentliche schärfen. Gesundheit und Zufriedenheit, das wär schon was; Glücklich sein und Lebensfreude, wenn’s denn ein bißchen mehr sein darf. Von staatlichen Händen sanft durchs Leben getragen, von der Wiege bis zu Bahre, from the cradle to the grave — diese Zeiten sind, gottlob, vorbei.

Bücken Sie sich, sammeln Sie Fallobst¹ auf und verwerten es, denn dann bauen Sie an Ihrer eigenen Gesundheitsvorsorge; Ihr Rücken wird schön elastisch dabei; geschmeidiger, als ihn ein Physiotherapeut jemals hinzubiegen vermag. Das untergegangene Atlantis hat es uns vor Augen geführt: wird es dem Menschen in seiner Haut zu wohl, so wird die Seele träge, und macht zu wenig Fortschritte.

Prüfen Sie einmal beim nächsten Spaziergang, was in Ihnen vorgeht, wenn Ihr Blick einen am Wegrand liegenden, rot eingefärbten Apfel streift. Was sind Ihre ersten Gedanken? Geringschätzung oder Wertschätzung? Dankbarkeit und Demut entwickelt leichter derjenige, der Entbehrung geschmeckt hat. Wären Sie bereit, den Apfel aufzulesen? Wer sich dazu überwinden kann, steht jederzeit unter Schutz – er wird nie Hunger leiden, was auch immer in diesen Zeiten des Umbruchs geschehen mag.

¹ Nach meiner Information ist laut Gesetz ab erstem November das Fallobst von Streuobstwiesen Eigentum desjenigen, der es aufliest (Baden-Württemberg). Möglicherweise gelten in anderen Bundesländern andere Bestimmungen.




Jungmädchensommer - mein 17263. Tag


er auch immer die letzten Tage des Septembers auf den Namen Altweibersommer getauft haben mag, dem sei’s verziehen; erfreuen sich doch Jung und Alt an ihnen gleichermaßen, am blauem Himmel und am milden Strahlenkranz der jetzt tieferstehenden Sonne. Nun ist es wirklich eine Wonne, sein Tagewerk für einen Augenblick zur Seite zu legen, sich auf ein Bänkchen zu setzen, und in die Sonne hineinzublinzeln.

 

In solchen Augenblicken freut sich die Seele zutiefst, und unsere Augen blicken dann in der Tat, sich entspannend und lösend, unvermutet auf ganz andere Dinge – auf schönere – als auf die, die für gewöhnlich unser Blickfeld zieren.

Lassen wir also ruhig den Blick frei schweifen, tun wir ihm keinen Zwang an, und lassen ihn die Dinge aufsuchen, die ihn wie ein Magnet anziehen. Schönheit allerorten, und niemand fand treffendere Worte für den Zauber dieser Tage, als Hermann Hesse:

„Setze dich nieder, wo du willst, auf Mauer, Fels oder Baumstumpf, auf Gras oder Erde: überall umgibt dich ein Bild und Gedicht, überall klingt die Welt um dich her schön’ und glücklich zusammen.”

Bald kommt sie wieder, die Zeit der Stille und Einkehr, und nur wer bereit ist, sich auf sie einzulassen, wird ihre gedämpften Stimmen auch vernehmen. Nur leise klingen sie, wie aus weiter Ferne; doch wer ihrer achtet, dem raunen sie die Antwort zu — die dem verborgen bleibt, der ständig hastet, rennet, ohne Ruh . . .




Frisch auf den Tisch - mein 17261. Tag


uf die Natur können wir uns doch immer wieder aufs Neue verlassen: wie jedes Jahr zu Herbstbeginn freuen wir uns an der neuen Ernte. Heuer mit weniger Äpfeln, nachdem die Apfelbäume vergangenes Jahr unter ihrer schweren Last gestöhnt hatten, doch dafür mit um so mehr saftigen Birnen. Gute Luise, Butterbirnen, und Williams habe ich bereits verköstigt, Abate Fetel brauchen noch Oktobersonne.

Und Nüsse! Jetzt bekommen wir sie in der Schale, und die Natur weiß selbst am besten, warum sie ihre kostbare und hochempfindliche Fracht so robust gepanzert hat. Höchstwertiges Eiweiß (essentielle Aminosäuren), ungesättigte Fettsäuren, wie die im Fokus der Ernährungsmediziner stehende Omega-3-Fettsäure und die als Wundermittel gepriesene Alpha-Linolensäure (Leinöl!), Frischenzyme und Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, und rund 10.000 weitere sekundäre Pflanzenstoffe brauchen Schutz vor Licht, Sauerstoff, Wärme, und Feuchtigkeit. Oder sind es eher 20.000? Täglich werden neue Wirkstoffspender entdeckt, doch niemand weiß, wie viele es tatsächlich sind – außer dem, der diese Wunderwerke geplant und realisiert hat.

Nüsse wecken alle Lebenskräfte.
Sie sind die vitalstoffreichste
Nahrungsquelle für den
Körper, und deshalb
gehört ein guter
Nußknacker zu
den besten In-
vestitionen,
die sie täti-
gen können.
Größere Nuß-
vorräte lassen
sich problemlos
einfrieren – so hat
man jederzeit bestes
Eiweiß zur Verfügung, vollkommen frisch und lebendig . . .

„Wer über das gewöhnliche Leben hinaus will, der scheut blutige Nahrung und wählt nicht den Tod zu seinem Speisemeister” (das schrieb Joseph Görres in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als geistiger Mittelpunkt der Heidelberger Romantik, dessen Ausstrahlung große Geister wie Joseph von Eichendorff, Clemens Brentano, Achim von Arnim, aber auch Friedrich Wilhelm Schelling oder die Gebrüder Schlegel in ihren Bann zog).

Leben braucht Leben, und wenn wir wirklich quicklebendig, fröhlich und wach durch den Tag gehen wollen, dann brauchen wir einen Körper, dessen Zellen voller Vitalität stecken. Vitalität ist Lebenskraft – Prana – und wir bekommen sie am leichtesten durch frisch geerntete, natürlich-biologisch gezogene Nahrung. Frisch- und Rohkost stehen dabei sicherlich auf der höchsten Rangstufe, was wertgebende Inhaltsstoffe und Lebensenergie angeht, doch setzt ihre Verstoffwechslung und Auswertung eine robuste Gesundheit voraus.

Für Menschen, die sich müde, energielos oder sogar krank fühlen, ist Frisch- und Rohkost denkbar ungeeignet; in solchen Fällen sollte man mit leichtverdaulicher und vorverdauter Kost beginnen (vorverdaut meint: schonend gekocht, oder milchsauer vergoren durch Fermentierung).

So begann ich auch, vor über sechzehn Jahren; inzwischen kann ich sogar die schwerverdaulichen Zellwände roher Brauereibierhefe¹ knacken. Vor 15 Jahren lag sie mir wie ein glühendes Bügeleisen im Bauch, jetzt freue ich mich auf sie – falls sie denn zur Verfügung steht.

Fassen wir zusammen: frisch auf den Tisch, freuen Sie sich, frohlocken Sie, und seien Sie dankbar für die Neue Ernte! Dass frisches Leben wächst und gedeiht, ist alles andere als selbstverständlich. Das Erntedankfest im Oktober möchte uns daran erinnern. Eine Form der Dankbarkeit und Wertschätzung ist es auch, wenn Sie jetzt beim Einkauf bewußt auf Nahrungsmittel achten, die aus der Neuen Ernte stammen. Mit dem Füllhorn ihrer Wundergaben erschließen Sie sich höchste Lebenskraft, die sie mit leichter Hand durch den Winter trägt.

¹ Bierhefe ist ein Wundermittel, wenn man sie verdauen kann. In cellulär-flüssiger Form, durch ein Spezialverfahren für den Körper aufgeschlossen, ist sie bei der Firma Dr. Metz als Panaktiv erhältlich.




Perspektiven und Ausblicke - mein 17260. Tag


estern blätterte ich wieder einmal vergnüglich in den Seiten eines Autors, den ich sehr schätze. Unter einem Foto, das im Vordergrund eine Bank zeigt, die zum Sitzen und Verweilen einlädt, und im Hintergrund das weite Panorama einer sanft geschwungenen Mittelgebirgslandschaft, stand folgendes zu lesen: „Hier, an diesem Platz, möchte ich alt werden.”

Befremdung beschlich mich bei diesen Worten. Das schrieb ein Mann in der vollen Blüte seines Lebens, voll Elan, Schaffenskraft und Liebesfähigkeit – was bringt einen Menschen dazu, der, wie ich aufgrund seiner Artikel annehmen darf, mit dem bewußten Umgang seiner Gedanken wohlvertraut ist, sich solche Perspektiven aufzubauen?
Möchte er dort, so schön es auch an jenem Platz sein mag, wirklich alt werden?

Vorsicht, Wünsche! Wünsche sind eine Macht, und vermutlich die größte, die es im gesamten Universum gibt. Die Erfahrung zeigt, dass wir sehr behutsam mit unseren Wünschen umgehen sollten; sonst können sie mächtig ins Kraut schießen, wie die Geschichte der Eheleute Hans und Lise zeigt, denen die Bergfeÿ (alte alemannische Schreibweise von Bergfee) drei Wünsche gewährt. Johann Peter Hebel’s skurrile Kalendergeschichte, Jahrgang 1808, ist auch heute noch sehr lesenswert – und er resümiert, nachdem alle drei Wünsche vertan sind, dass „du wissen mögest, was du . . . wünschen sollest, um glücklich zu werden.”.

Möchte ich alt werden? Nein, ich möchte lange leben, gesund und glücklich. Das aber ist etwas ganz anderes – es schafft eine neue Perspektive in mir, die mich hebt und weitet; die mich verbindet, mit dem Urquell des Lebens, und mit der Energie, die mich beständig erneuert und jung erhält. Es gibt nichts natürlicheres, als vollkommen gesund und jugendlich sein Erdendasein zu beschließen – dann, wenn es an der Zeit ist, und die Seele ihren Erfahrungsschatz reich gefüllt hat. So ist unser Lebensentwurf von „oben” eigentlich vorgesehen, und wir sollten ihn uns immer wieder vergegenwärtigen, bis wir ihn vollkommen verinnerlicht haben.

 

Wir können wählen, welchen Weg unser Dasein nimmt, und in welche Richtung sich unsere Lebensuhr bewegt. Treffen wir die rechte Wahl! Nicht nur am kommenden Wochenende, auf politischer Ebene, sondern, was viel wichtiger ist, Tag für Tag auf der gedanklichen Ebene - indem wir kraftvolle Wünsche formen, die uns zum rechten Handeln zwingen.

Erst der rechte Wunsch lässt die Tat gelingen!