Ursachenforschung - mein 17259. Tag


an mag ihn mögen oder nicht, den Doktor Faust, der unserem Sprachmagier Goethe jahrzehntelang im Magen lag, bis er ihn schlußendlich doch noch verdaut bekam. Den Auswurf studieren wir in zwei Teilen, Faust I und Faust II, und wir staunen ob der seelischen Abgründe, die Goethe unserem inneren Auge eröffnet; Faust war ein Mensch aus Fleisch und Blut, doch hatt’ er auch den rechten Mut. Er wollte wissen, „was die Welt – im Innersten zusammenhält”. Und wenn er anfangs auch über Leichen geht – wir erleben das im ersten Teil der Tragödie mit Gretchen, dem Symbol der kindlichen Reinheit und Unschuld – so muss auch Faust für alle seine Taten büßen, und nur auf dem Pfad der Tugend kann er Läuterung erlangen, und so zu einem sinnvollen Werkzeug waltender Schicksalsmächte werden.

Die positive Neugier ist es, die mich bei Faust so fasziniert. Er interessiert sich für verborgene Zusammenhänge, und schaut sich die Welt genauer an, als es dem geschäftigen, oberflächlichen Blick des Alltagsmenschen für gewöhnlich zu eigen ist.

Das Drama um Doktor Faustus ist ebenso ein weit ausgreifender Weltenspiegel, wie es eine tief angelegte Seelenschau ist; es wird somit zum Bindeglied zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos, das die Seele als Wesenheit geistigen Ursprungs begreift, und unser irdisches Dasein im Zwiespalt zwischen Gewissen und Tat vollkommen durchschaut. Gleicht nicht oftmals unser Tasten durch das irdische Labyrinth, im Bannkreis ständiger Verlockungen und Gefährdungen, einem flackernden Irrlicht in der Dunkelheit, das sich einen Weg durch heimtückische Moore suchen muss? Wie leicht lassen wir uns durch mephistotelische Eingebungen unseres Verstandes¹ fehlleiten.

„Das also war des Pudels Kern!” lässt Goethe seinen Faust, den verwandelten Mephisto (Symbol für Hinterlist und Argwohn) erkennend, sprechen – und wohnt ein wenig dieses dämonischen Kerns nicht in jedem von uns? Wir müssen ihn in Schach halten, unbedingt – und unsere Energie auf die Entfaltung des göttlichen Kerns, der in jedem von uns angelegt ist, ausrichten.

Der Weg ist das Ziel: die hochgereckte Faust muss sich zum demütigen Bitten und Flehen öffnen – bei jedem Menschen, denn die Faust ist eine Begleiterscheinung unseres freien Willens.

Den Ursachen aller Dinge und Erscheinungen auf den Grund zu gehen bringt uns Erkenntnis über die Welt, und damit Erkenntnis über uns selbst, da die Welt uns einen exakten Spiegel vorhält. Welterkenntnis führt deshalb unweigerlich zur Selbsterkenntnis. Goethe’s unermüdlicher Forscherdrang ist ein berückendes Beispiel hierfür; das Motto seiner Lebensgestaltung gipfelte in einem einzigen Satz: „Willst du ins Unendliche schreiten, geh nur im Endlichen nach allen Seiten.”.

So hielt ich es gestern mit Goethe, und ging hin zu jener Seite, die sich Monbachtal nennt; ein Seitentälchen, das sich aufgrund seiner wildromantischen Schönheit einiger Bekanntheit erfreut. Da es angefangen hatte, zu regnen, suchte ich eine Waldhütte auf, ließ mich rücklings auf eine Sitzbank nieder, und schloss die Augen, da ich ein klein wenig müde war. Ich war durchaus nicht alleine – eine Gruppe „Indianer” hatte bereits einige Zeit vor mir in der Hütte Zuflucht gesucht. Unter der fachkundigen Anleitung einer „Squaw” bastelten die Kinder aus Kastanien, Ästchen und Federn alles, was ein Indianerherz erfreut – mit prächtigem Federnschmuck gezierte Häuptlinge, Pferde, Büffel, und allerlei andere Tiere. Es lag ein eigentümlicher Friede und eine sanfte Schwingung über den Bewohnern dieser Hütte, und ich fühlte mich den Menschen, die gegenüber am Tisch saßen, tief verbunden. Es fiel kein lautes Wort, und es wurde nicht gestritten. Selten habe ich Kinder so ruhig, und über längere Zeit konzentriert bei einer Sache verweilend, erlebt. Das elektrisierte mich – als Klavierlehrer erlebe ich Woche für Woche Kinder, die ganz anders sind – häufig nervös, leicht ablenkbar, unmotiviert und unkonzentriert.

Warum und weshalb? Wieso konnten die Indianerkinder so hellwach und voller Begeisterung bei der Sache sein, obwohl sie, ebenso wie in der Schule, von einer „Squaw” fachkundigen Unterricht erhielten, mit Ge- und Verboten? Ich fing ein Gespräch mit der Gruppe an, und es stellte sich heraus, dass es ein Kindergeburtstag war, der gebührend gefeiert wurde; mit Lagerfeuer, selbstzubereitetem Essen, und allem, was sonst noch dazugehört.

Die Liebe zur Natur leuchtete aus allen Gesichtern; die Physiognomie des Vaters mit breiten, sehr kräftigen, und hochgezogenen Wangenknochen verband sich in mir sofort mit dem Bild eines Indianers, der, auf seinem Pferd reitend, mit kraftvoll gespannten Sehnen einen Pfeil anlegt. Das Profil einer vergangenen Inkarnation war in sein Gesicht förmlich eingemeißelt.

Rasch fokussierte sich unser Gespräch auf das Thema Ernährung, und es bestätigte sich einmal mehr, was vielen Menschen nicht bewußt ist: dass das, was wir essen, nicht nur Wohl und Wehe unseres Körpers bestimmt, sondern auch das Wohl und Wehe unserer Seele! Über unser Verhalten teilt sich dieser Umstand auch anderen Menschen mit. Wer häufig Fleisch und Wurst isst, legt den Keim für Aggresivität und Brutalität, für Streitsucht und Rechthaberei tief in sich hinein. Diese Kinder, die mir durch den liebevollen gegenseitigen Umgang aufgefallen waren, erhalten nach den Aussagen der Mutter sehr wenig Fleisch und Wurst, nicht mehr als einmal jede Woche, und generell eine gesunde, vollwertige Ernährung. Und solche Kinder sind ein Geschenk!

Sie bilden das Fundament unserer Zukunft. Wie schön wird es sein, in einer Welt ohne Streit und Kritiklust, Besserwisserei und Schuldzuweisung zu leben, und als Teil einer großen „Mannschaft” an dem zu arbeiten, was auf Dauer einzig Sinn macht: Paradies unter den Menschen zu schaffen.

¹ In Goethes „Faust” wird die Faust zum Sinnbild unseres eigenmächtigen Willens, der gebrochen werden muss. Im Universum ist kein Platz für Menschen, die um jeden Preis mit dem Kopf durch die Wand gehen wollen.




Herbstzeit, Einmachzeit - mein 17256. Tag


äumchen, rüttel dich, Bäumchen, schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich! – Äpfel und Birnen, Mirabellen und Pflaumen, Renéeclauden und Zwetschgen fallen uns jetzt in den Schoß. Haben Sie den großen Einmachtopf schon aus dem Keller geholt und entstaubt? Wer jetzt Fleiß an den Tag legt, schafft sich Freude für den Winter – was gibt es schöneres, als in der Dunkelheit des Abends eine Kerze anzuzünden, ein Glas Zwetschgenkompott zu öffnen, mit seiner Nase den Duft von Anis, Zimt, und Bourbonvanille zu streifen, einen Klecks Schlagobers unterzurühren, und das, wenn es draußen stürmt, friert und schneit? Ein wohltuende Erinnerung auch an die wärmenden Sonnentage, deren Lichtenergie in den eingekochten Früchten gespeichert ist. Pflaumen- und Zwetschgenkompott hilft im frischkostarmen Winter besonders, den Säure-Basen-Haushalt zu regulieren, indem es eine feine Asche bei der Verstoffwechslung im Körper hinterläßt, die bei der Säurenausscheidung behilflich ist.

 

Die Arbeit, die man sich mit dem Einkochen machen muss, ist eigentlich recht gering. Äpfel und Birnen werden einfach kühl gelagert, das Steinobst gewaschen, von Blättern und Stielen befreit, und hinein in den Topf damit! Man muss das Steinobst nicht unbedingt entkernen, wenn man dann beim Verzehr nicht vergißt, daran zu denken – denn ansonsten könnte ein Besuch beim Zahnarzt vonnöten sein. Nach Lust und Laune Gewürze hinzufügen, wenige Minuten schonend kochen, und, solange es noch heiß ist, in saubere Schraubgläser randvoll abfüllen, fertig. Was unsere Großmütter damals noch alles zwecks Haltbarkeit gemacht haben, ist eigentlich vollkommen überflüssig: Sie benötigen weder Gelierzucker noch Adeckpapier, weder Desinfektionsmittel noch Spiritus (den meine Oma immer vor dem Verschließen des Glases obendrüber geleert und angezündet hatte); keimfrei bekommen Sie das Glas niemals im Leben, und Schimmel kann sich nur dann bilden, wenn Luft im Glas verbleibt; deshalb: randvoll auffüllen und gleich zudrehen. Wenn der Deckel richtig sitzt, ist Haltbarkeit bis zum nächsten Jahr überhaupt kein Thema.

Und noch ein Wort zum Thema Keime: mit jedem Atemzug gelangen Milliarden von ihnen in Ihre Lunge, und damit in den Blutkreislauf. Keime, oder wie man auch sagt, Mikroorganismen, sind Kleinstlebewesen, ohne deren tätige Mithilfe kein Mensch lebensfähig wäre. In unserem Darm fühlen sie sich besonders wohl, und, je gesünder wir sind, desto stärker besiedeln sie unsere Darmwand, um uns immun gegen allerlei Krankheitserreger zu machen. Ob sich Mikroorganismen auf uns positiv oder negativ auswirken, ob sie für oder gegen uns arbeiten – und damit stärken oder schwächen – hängt sehr stark von unserer inneren Einstellung ihnen gegenüber ab.

Übertriebener Putzfimmel und Hygienewahn, leichtfertiger Gebrauch von Antibiotika und Desinfektionssprays sind Indikatoren, die anzeigen, dass wir uns im Vernichtungskrieg mit den natürlichen Keimen in unserer unmittelbaren Umgebung befinden. Die guten, förderlichen Keime wollen dann nicht mehr bei uns sein, weil sie es in solch einem unnatürlichen, klinisch reinen Milieu nicht aushalten können. Leben braucht Leben – Antibiotika (anti bios == gegen das Leben) sind da wirklich keine gute Wahl.

Intelligente, lebensfördernde Keime gibt es kostenlos und rezeptfrei in frischer Regenluft: vor allem jetzt, wenn der Herbst beginnt, und die Blätter fallen, bilden sich bei deren Zersetzung auf dem feuchten Waldboden wertvolle Bakterien, die man ansonsten in der Apotheke erstehen müsste: Bazillus subtilis nennt sich ein Hauptvertreter dieser Gattung – und haben Sie keine Angst vor ihm, nur weil es ein Bazillus ist – er hat sie gern, und nichts dagegen, wenn Sie ihn mit Füßen treten. Spazieren Sie durch das abgeworfene Blätterkleid am Boden, und wirbeln Sie es auf! Ihre Abwehrkräfte werden es Ihnen danken.




Drüsenpower - mein 17254. Tag


eder hat so seine Geheimtipps: Der Matrose Popeye mit seinen herkulischen Oberarmmuskeln labt sich an einer Spinatbüchse; Miraculix, der Druide mit dem langen Bart, rührt schon wieder an einem neuen Zaubertrank; und ich? Ich mixe mir einen Drüsendrink wenige Minuten vor dem Mittagessen – eine Handvoll Petersilienblätter, ein Viertel einer Paprikaschote, mit Mineralwasser gemixt, durch ein Tuch filtriert, und voilà – die Hypophyse freut sich heute an ihrem Festtag.

Kennen Sie all Ihre Drüsen? Das wäre ein bißchen viel verlangt – nahezu 300 Drüsen arbeiten in Ihrem Körper, hoffentlich; denn dass sie arbeiten, ist keineswegs selbstver- ständlich. Es verhält sich wie mit einem Muskel: wird er nicht bean- sprucht, dege- neriert er. Muskeln regen wir durch Sport und Bewegung an, Drüsen in erster Linie durch gezielte Ernährungsmaßnahmen.

Nicht immer sieht man es auf den ersten Blick, wenn Drüsen fehl- oder unterernährt sind, doch manchmal springt es einem auch direkt ins Auge: bei längerfristigem Jodmangel kann sich zum Beispiel ein Kropf aufgrund einer Fehlfunktion der Schilddrüse bilden. Doch auch wer generell wenig Wert auf seine tägliche Ernährung legt, braucht sich über die Verkümmerung seiner Drüsen nicht zu wundern. Wenn die Verdauung träge ist, wer denkt da schon an seine Verdauungsdrüsen, die zu wenig Magensäfte produzieren? Wer wahllos Zuckergebäck nascht, wird mit großer Wahrscheinlichkeit mit den Jahren seine Bauchspeicheldrüse ruinieren, und damit die Fähigkeit einbüßen, ausreichend Inulin zu produzieren; Diabetes Mellitus wird damit Tür und Tor geöffnet. Zwölfjährige Kinder mit Übergewicht und Altersdiabetes? In den USA, dem Ursprungsland der Fast-Food-Kultur, schlagen Ernährungswissenschaftler Alarm.

Gut so, denn es muss sich etwas ändern. Fangen wir bei der Drüsengesundheit an, denn sie bestimmt die Körpergesundheit am meisten! Drüsen steuern und kontrollieren nahezu alle Vorgänge im Körper, ob es nun der Stoffwechsel, die Hormonbildung, oder auch die Schlackenausscheidung ist. Ebenso hängt unsere seelisch-geistige Verfassung entscheidend vom Zustand unserer Drüsen ab. Schlafen diese, schläft auch der Mensch, am helllichten Tag! Zirbeldrüse, Hypophyse, und all ihr anderen, erwacht! Denn ihr seid die Macht. Deshalb aufgepasst, hier kommen die Wundermittel zur Aktivierung des endokrinen Drüsensytems (Hypophyse, Zirbeldrüse, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Thymus-Drüse, Nebennierendrüse, und Geschlechtsdrüsen):

Jetzt kann nichts mehr schief gehen, und mit diesen Tipps gewinnen Sie sich einen Freund fürs Leben – Ihre Drüsensystem.

Ihr ergebenster Daniel Drüsentrieb :idea:




• Anleitung zum Unglücklichsein • - mein 17253. Tag


o lautet der Titel eines Büchleins von Paul Waczlawik, das mir vor über zwei Jahrzehnten prägende Entwicklungsimpulse vermittelt hat. In diesem Büchlein schildert der Autor anhand humorvoller Beispiele die typischen Fußangeln des eigenen Denkens, in die man sich unweigerlich verheddert, wenn man zu wenig bewußt durch den Tag geht – und, was die unweigerliche Folge davon ist, man kläglich daran scheitert, seine Gedanken, die unaufhörlich durch das Bewußtsein strömen, im Zaum zu halten. Im Tagtraum gefangen, ist man mehr oder weniger hilflos dem Wirrwarr seiner Gedankenflut ausgeliefert; sie galoppieren mit uns auf und davon, und, das ist ja gerade das fatale, zumeist in die falsche Richtung.

Gedanken sind eine Macht, doch nicht nur die positiven, sondern auch die negativen. Negatives Denken ist aber eine der gefährlichsten seelischen Sackgassen, die es gibt, und es schwächt die eigene Lebenskraft und -freude ebenso wie diejenige der Menschen, die man durch entsprechende Äußerungen mit negativen Gedanken belastet.

Mit welch feinem psychologischen Geschick der Autor das zwischenmenschliche Geschehen beobachtet, mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Da ist eine Mutter, die ihrem Sohn vom Stadteinkauf zwei T-Shirts mitbringt. Am nächsten Morgen möchte er seiner Mutter eine kleine Freude machen, und zieht eines der neuen Shirts über. Als er in die Küche kommt, schaut ihn seine Mutter mit vorwurfsvollem Blick an: «und das andere gefällt dir wohl gar nicht?» Den entgeisterten Blick des Sohnes kann man sich gut vorstellen – „Anleitung zum Unglücklichsein” – selten habe ich bei der Lektüre eines Buches so geschmunzelt wie bei diesem.

Seine Gedanken im Zaum halten – manch einer mag vielleicht einwenden, dass die ständige Beobachtung und Kontrolle des eigenen Bewußtseins anstrengend und freudlos sei; ja, dass es möglicherweise krankhafte Züge trage und mit der Zeit auf den Geist gehen müsse.

Aus der persönlichen Erfahrung heraus drängt sich mir der Vergleich mit dem Autofahren auf: wir sitzen am Steuer, und müssen wach, behutsam und äußerst konzentriert sein, damit wir weder uns selbst, noch andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Wir müssen die unbedingte Kontrolle über das Geschehen behalten, sonst kann die Fahrt gefährlich werden. Und dennoch – Autofahren ist Freude, und fasziniert Milliarden von Menschen! Wichtig ist nur, dass wir regelmäßig Entspannungspausen machen, damit sich Geist und Körper erholen können. Ergo, wir rekapitulieren: ein Auto steuern oder den Bewußtseinsstrom seiner Gedanken steuern macht wirklich keinen Unterschied!

Und hin und wieder ertappt man sich dann selbst – das ist auch gut so. In dem Haus, wo ich zur Miete wohne, logiere ich in einer Parterrewohnung ganz unten, mit einer kleinen Terrasse, und über mir residieren zwei weitere Parteien. Ab und an finden sich auf meiner Terrasse kleine Utensilien, die entweder der Wind von den oberen Balkonen heruntergeweht hat (Wäschestücke u.ä.), oder durch Unachtsamkeit vom Himmel purzeln (Zigarettenstummel u.ä.). Eine unschöne Sache, mit der man leben muss – und gleichzeitig eine Gelegenheit, zu üben, neutral und innerlich davon unbelastet zu bleiben. Und, in der Tat! – sich nicht über die „Schmutzfinken” von oben zu beschweren (negatives Denken), sondern meinen Spiegel zu erkennen, und selber für mehr Ordnung und Sauberkeit auf meiner Terrasse zu sorgen.

Gestern also trat ich auf meine Terrasse hinaus, um mich an der frischen Luft und an der Sonne einmal so richtig durchzustrecken. Was seh’ ich da zu meinen Füßen? Nicht schon wieder! Ein abgenagter Pfirsichkern diesmal? Und das nächste Mal dann Hühnerknochen? Jetzt reichts aber! Und ich sehe mich in Gedanken schon ein Plakat schreiben, « . . . dass ich mich ja freue, wenn im Hause reichlich Obst verzehrt werde, doch höflich darum bitte, etwas bewußter zu essen, und vor allem die Essensreste nicht einfach wie die alten Römer hinter sich zu werfen . . . »; das Plakat werde ich dann an die Hauseingangstür pinnen, und den Pfirsichkern dran hängen.

Was bedeutet das? Das bedeutet KRIEG¹ – die Macht der negativen Gedanken ist einfach überwältigend, und sie erweckt eine Gier in uns; Vorsicht Suchtgefahr! Als ich mich bücke, um den Pfirsichkern in die Hand zu nehmen und zu entsorgen, wache ich endlich auf, und reiße mich von dem negativen Gedankenkarussell los: aufgrund meiner Kurzsichtigkeit entpuppt sich bei genauerem Hinsehen der vermeintliche Pfirsichkern als herbstlich gefärbtes Buchenblatt; und ich erschaudere, wie einmal mehr das Negative Denken mit meinem Bewußtsein „Schlitten gefahren” ist. Verzeihung den Nachbarn über mir, und Asche meinem Haupt! Und ich werde weiter üben:

„Ich möchte eine positive Macht sein – all meine Energie konzentriere ich ausschließlich auf die Gedanken, die mich stark machen, und auch anderen Menschen Freude bereiten!”

¹Der Begriff KRIEG einmal unter der seelischen Lupe menschlicher Schwächen und Eitelkeiten betrachtet:
K ritiksucht
R echthaberei
I ntoleranz
E ifersucht
G eltungssucht




Geschenke - mein 17252. Tag


en Menschen treibt es in die Ferne, dort sucht er’s Glück – das Paradies. Da gibt es die Geschichte von den zwei Mönchen, die eines Tages ihre Zelle verlassen, um das Paradies zu suchen; sie irren durch die Lande, und es wird eine lange, beschwerliche Reise. Am Ende ihrer Tage kommen sie müde und hungrig an eine Einsiedelei, und sie klopfen an die Tür. Ein Mönch öffnet ihnen, und sie erkennen, dass sie an der Tür stehen, durch die sie gegangen waren, als sie einst ihre Zelle verlassen hatten.

Ergo, das Paradies liegt in und um uns, und wir sollten es hegen und pflegen, damit es nicht verwildert, und in einen jahrelangen Dornröschenschlaf versinkt. Doch müssen wir es erst einmal erkennen, und – natürlich – das tun wir gerne, umarmen und wachküssen.

Seit einem dreiviertel Jahr bin ich nun ohne Fahrzeug unterwegs. Seither erkunde ich mit dem Fahrrad meine nächste Umgebung, und immer wieder entdecke ich Perlen in der Natur, die mir mit dem Auto verborgen geblieben wären. Es müssen nicht immer die großen Ereignisse und Spektakel sein, oft ist es nur ein besonderer Baum oder eine interessante Bruchlinie im Gestein, an der die magnetischen Kräfte des Erdkerns kraftvoll den Körper umfließen. Gestern war es ein richtiges Arboretum, ein Hain mit herrlichen Bäumen, den man eigentlich unter südlicheren Gefilden erwarten würde; unter Zedern und Mammutbäumen wurde es licht und leicht in mir, und ich sah mich wandeln in duftenden Gärten unter plätschernden Brunnen in der Villa d’Este in Rom. Ein unglaublicher Kontrast zu den düster-schweigenden Tannen- und Fichtenwäldern des Nordschwarzwalds, und nur eineinhalb Stunden Radfahrzeit von mir entfernt (Pforzheim-Sonnenberg, beim Tornadostein).

Wie kam dieses Arboretum zustande? Alles hat sein Gutes, und so auch der Wirbelsturm, der vor 40 Jahren, von Frankreich her kommend, eine Schneise der Verwüstung durch die Lande zog – mithin eine Möglichkeit, die Natur neu zu gestalten, zum Wohl und zur Freude der Menschen.

Und noch ein Beispiel: Als vor fast 10 Jahren am ersten Weihnachtsfeiertag der Wirbelsturm Lothar¹ im Nordschwarzwald ganze Berghänge abrasierte, wurde viel Platz geschaffen, um einer natürlicheren Wiederaufforstung Rechnung zu tragen – weg von den schnellwachsenden, auf größtmöglichen Profit hin ausgerichteten Monokulturen, hin zu einem gesunden, bunten Wald der Vielfalt, der auch dem Erholungssuchenden mehr Abwechslung und Freude bietet. An der Schwarzwaldhochstraße, von Freudenstadt kommend, kann man kurz vor dem Schliffkopf ein Bannwaldgebiet durchstreifen, das nach dem Wirbelsturm nicht geräumt wurde; ein beeindruckendes Erlebnis, wenn man sieht, wie rasch sich ein Wald ohne Eingreifen des Menschen erholt, wie sich Flora und Fauna in harmonischer Eintracht entwickeln.

So bietet die Natur kostenlose Geschenke, die man suchen und entdecken kann, und jeder hat genügend davon vor der Haustür, ob man nun in der norddeutschen Tiefebene oder im Ruhrpott zu Hause ist. Wer bereit ist, sich diesen Geschenken zu öffnen, entfaltet ein wichtiges seelisches Talent: „Paradies zu Hause schaffen, und nicht nach grünerem Gras suchen” – auch der, der uns erschaffen hat, ging uns hierin, nicht nur diesbezüglich, für Milliarden von Jahren voraus.

¹ Der Wirbelsturm Lothar, der nach dem heiligen Abend, dem traditionellen Abend der Geschenke, durch unsere Lande fegte, und viel Energie vernichtete, ist ein interessantes Beispiel dafür, um zu verstehen, wie das Universum die Energiebilanz der Menschen bereinigt. Wenn Menschen Fehlentscheidungen treffen, vernichten sie Energie – und wieviel fehlgeleitete Energie verpufft Jahr für Jahr durch den Konsumrausch und den Geschenkwahn vor Weihnachten? Der Wirbelsturm am nächsten Tag war ein Glied in der Kausalkette und (hoffentlich) ein mächtiger Denkanstoß.

Schenken als gesellschaftliche Pflicht?
Das wünschen die Gesetze nicht.
Schenken von Herzen?
Entzündet die Kerzen!