• Das Brot des Lebens •


nd als sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: „Nehmet; das ist mein Leib.” Wort des lebendigen Gottes, Evangelium des Markus, Kapitel 14, Vers 22. Mein Leib, sein Leib, unser Leib? Das Abendmahl macht’s möglich. In der Tradition der Kirchen nimmt der Gläubige durch das Feiern des Abendmahls Anteil am Leib Jesu Christi. Die Hostie versinnbildlicht dabei den Leib, der Wein das Blut. So weit, so gut. Wir haben Mut. Wir wollen wissen, wie es um den Laib des Herren stand. Jawohl, den Laib! Den, den er gerne brach und teilte. Und der mithin seinen Körper formte, seinen Leib also. Und damit seine Seele. Damit ich’s nicht verhehle: sie gehen immer Hand in Hand, das ist soweit, glaub’ ich, bekannt. Heilt der Körper, heilt die Seele. Jesus Christus, unser Heiland. Was war das für ein Brot, das Jesus Christus aß? Ein ernährungsphysiologischer Brot-Exkurs.

Brot ist nicht gleich Brot. Entscheidend ist, was drinnen ist. Gerade in den deutschsprachigen Ländern gibt es eine überreiche Brotkultur mit hunderten von Brotsorten. Erfreulich, dass man heute dem vollen Korn wieder mehr und mehr den Vorzug gibt. In kleinen Dörfern auf dem Land werden Backhäuschen instandgesetzt, und aus den Schornsteinen quillt Rauch: Brotbacken ist „in”.

 

Das Rezept

Man nehme . . .  ach, was soll ich mich bemühen, spröder Worte Schall und Rauch – Jesus Christus sagt’s doch auch. Lasst ihn sprechen, selbst, den Heiland, dessen Worte man verbannt – heilge Worte, unbekannt:

»Und eure Leiber werden, was eure Nahrung ist, gleich wie euer Geist wird, was eure Gedanken sind . . . 

Laßt die Engel Gottes euer Brot bereiten. Befeuchtet euren Weizen, damit der Wasserengel in ihn trete. Dann setzt ihn der Luft aus, damit auch der Luftengel ihn umarme. Und laßt ihn vom Morgen bis zum Abend in der Sonne stehen, damit der Sonnenengel in ihn herabsteige. Und der Segen der drei Engel wird bald den Lebenskeim in eurem Weizen zum Sprießen bringen.

Zerquetscht nun eure Körner und macht dünne Waffeln (Oblaten), wie eure Vorväter getan, als sie aus Ägypten, dem Hause der Knechtschaft, auszogen. Legt bei Sonnenaufgang diese Obladen wieder in die Sonne, und wenn sie am höchsten steht, so wendet die Teigscheiben, damit auch die untere Seite vom Sonnenengel umarmt werden kann. Bei Sonnenuntergang ist euer Brot gebacken.

Denn die Engel des Wassers, der Luft und der Sonne haben den Weizen auf dem Felde genährt und gereift, und ebenso müssen auch sie euer Brot bereiten. Und die gleiche Sonne, die mit dem Lebensfeuer den Weizen wachsen und reifen machte, muß auch euer Brot mit dem gleichen Feuer backen. Denn das Feuer der Sonne gibt dem Weizen, dem Brot und dem Leib das Leben, doch das Feuer des Todes tötet den Weizen, das Brot und den Leib. Und die lebendigen Engel des lebendigen Gottes dienen nur lebendigen Menschen. Denn Gott ist der Gott der Lebenden und nicht der Gott der Toten.

So esset immer vom Tische Gottes: die Früchte der Bäume, die Körner und Kräuter der Felder, die Milch der Tiere und den Honig der Biene. . . . Denn die Tafel Gottes speiste den alten Methusalem, und ich sage euch wahrlich, lebt ihr so, wie er lebte, so wird der Gott der Lebenden auch euch, wie ihm, ein langes Erdenleben schenken.«

Wort des lebendigen Gottes, Evangelium Des Vollkommenen Lebens, Übersetzung Edmond Székely, auch als PDF
verfügbar.

See Genezareth

 
Jesus wirkte hauptsächlich am See Genezareth.
 
»Dort scheint die Sonne immerdar,
so feurig glänzend, hell und klar.
Bei uns hingegen ist’s recht kalt,
’s gibt frische Luft und tiefen Wald.
Der Sonnenengel, ’s ist schon wahr,
der macht sich bei uns öfters rar.«
 
Was tun, sprach Zeus?

Not macht erfinderisch. Wenn Jesus beispielsweise ein Österreicher gewesen wäre, so hätte er die Teigfladen aus zerquetschten und gekeimten Getreidekörnern sicher an einem warmen Plätzchen hinterm Kachelofen hoch droben in den Bergen getrocknet. Er hätte sich zu helfen gewusst.

Wir resümieren: den Luftengel, den haben wir, den Wasserengel auch, den Sonnenengel müssen wir ersetzen. Bei mir macht das ein Uralt-Backofen aus den sechziger Jahren. Robust und unverwüstlich, mit einer wunderbaren Option: er kann schon bei 50° Celsius arbeiten. Das ist eine Temperatur, die wir an einem glutvollen Sonnentag im Süden durchaus erleben können. Aber der Reihe nach: bevor wir den Teigfladen in den Ofen schieben können, müssen wir einige Arbeitsschritte befolgen.

»Oh Gott, jetzt kommen die Prüfungen.« – »Nur nicht gleich alles auf einmal wegputzen.« – »Diese Gier!« – »Langsam, langsam, mein Freund, gut kauen!« – »Ein wenig Butter, eine Prise Steinsalz und ein bißchen Gorgonzola auf das noch ofenwarme Brot. Kräuter, Rohkost, Olivenöl.« – »Wie gut, dass ihr nicht seht, wie ich genussvoll die Augen verdrehe!«

Es ist wohl müßig, alle ernährungsphysiologischen Vorteile aufzuzählen. Was darf es denn sein: Enzyme, Vitamine, Eiweiße, Ballaststoffe, oder Mineralstoffe? Was das Herz begehrt, und das im Überfluss. Es dürfte schwer bis unmöglich sein, etwas Höherwertiges zu finden, cellulär-flüssige Bierhefe einmal ausgenommen. Wenn wir unser Lebensbrot aus den besten Zutaten zubereiten, und es mit Freude, Liebe und Dankbarkeit verzehren, dann ist es der reine, unverfälschte Atem des lebendigen Gottes, der unseren Körper durchströmt, ihn erhält, erneuert, und verjüngt. Die Jünger wussten, was Jesus mit ihnen teilte: ein Brot, das lebt. Und so auch wir. Wie wäre es, die gängigen Hostien durch das wahre Brot des Lebens zu ersetzen? Es würde das Abendmahl ungeheuerlich aufwerten – als wäre Jesus mitten unter uns, sein Brot mit uns zu teilen.

Sein Geist in unserer Mitte, sein Laib auf unserem Teller: so gewinnt die Feier des Heiligen Abendmahls seine ursprüngliche Bedeutung zurück – unserer Seele wie unserem Körper die allerbeste Nahrung zu sein. Jubelnd würden wir in den Chor der himmlischen Heerscharen miteinstimmen:

»In Wahrheit ist es würdig und recht, Dir, Herr, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott, immer und überall zu danken. Dich rühmen Himmel und Erde, Engel und Menschen und singen wie aus einem Munde das Lob Deiner Herrlichkeit:

Heilig, Heilig, Heilig«

Ite, missa est finita.
Wort des lebendigen Gottes.
Dank sei Gott dem Herrn!

post scriptum: Wer sehr wenig Zeit hat, und das Brot des Lebens trotzdem einmal kosten möchte, der kann es unter dem Begriff Essener-Brot bestellen. Die Essener waren eine religiöse Gemeinschaft, unter deren Einfluss Jesus Christus aufwuchs.




• Wie entsteht positive seelische Intelligenz? (III) •


Teil III

ller guten Dinge sind bekanntlich drei, zwei sind bereits vorbei – doch nicht verloren, hoffe ich. Noch einmal zur Erinnerung: was haben wir im ersten und im zweiten Teil gelernt?

  1. der positive Wunsch und die aufrichtige Bitte: »Ich möchte mir mehr positive seelische Intelligenz verdienen!«
  2. mehr Mut zum „Nein”-Sagen: daraus entsteht die Kraft, gegen den Strom zu schwimmen; der Wahrheit, der Quelle entgegen.

Das sind unabdingbare Grundlagen. Nun fehlt noch das dritte Element, der siebte Sinn. Es steht für das intuitive Erspüren der Zusammenhänge hinter den Dingen. Positive Neugier heißt das Zauberwort. Das Maß an positiver Neugier, das ein Mensch an den Tag zu legen vermag, bestimmt das Maß an positiver Intelligenz, das seine Seele verdient – soviel vorneweg.

Mit der Neugier verhält es sich wie mit der Intelligenz: es gibt sie in positiver und in negativer Ausprägung. Tratsch und Klatsch zum Beispiel entsprechen sicher nicht der Art von Neugier, die uns positive Intelligenzgesetze für die Seele beschert. Aber was dann? Als Kind habe ich häufig Aussagen vernommen wie:

Das prägt, ob man möchte, oder nicht. Fatalismus statt positiver Neugier? Gott sei Dank ist der Funke in mir nie erloschen, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Fragen ist die Antwort!

Kleine Kinder stellen, sofern sie gesund und munter sind, viele, viele Fragen. Warum, wieso, weshalb? Fragen macht intelligent. Doch warum geht diese natürliche, gesunde positive Neugier so vielen Menschen verloren, wenn sie erst einmal groß geworden sind?

Eine sommerliche Blumenwiese, bunt und herrlich anzuschauen. Ein Genuss für die Augen. Eine Wohltat für den Körper. Nichts wie Schuhe und Strümpfe ausziehen, und den Boden unter den Füßen spüren! Vorsichtig die Schritte setzen, eintauchen in die Welt der duftenden Blüten und der geheimnisvollen Kräuter. Blattgrün zwischen den Fingern zerreiben, mit der Zunge daran kosten, Grimassen ziehen – »Brrrr, wie bitter!«»Mmmmh, ganz aromatisch, wie Lavendel!«»Nein, Melisse – oder doch eher wie Minze?«

Als kleiner Junge habe ich auf den Wiesen ab und zu einige Blumen gepflückt, um meiner Mutter eine kleine Freude zu bereiten. Das ist lange her. Heute pflücke ich auf den Wiesen frische Kräuter, und lasse die Blumen stehen. In Feld und Flur, im Wald und auf der Wiese, da fühle ich mich wohl, und noch viel mehr: ich fühle mich verbunden mit der Allmacht Gottes, und der gesamten Intelligenz im Universum. Wenn ich den vertrauten Weg hinauf zur Hochwiese gehe, und meinen Blick umherschweifen lasse, so sehe ich mit meinen Augen nur das Äußere der Natur, die Formen und Farben der Flora in ihrer unendlichen Mannigfaltigkeit. Doch was sich da an Schöpferintelligenz hinter jeder einzelnen Pflanze verbirgt, das sehe ich nicht. Was in mir ist, ist Ehrfurcht, und die Ahnung von etwas ganz Großem. So lange ich zurückdenken kann, habe ich besondere Gefühle für die Schätze der Natur erleben dürfen.

Jahrelang plagten mich kalte Füße. Nichts half. Nicht einmal die dicksten Wollsocken in der Nacht. Ich musste mich wohl oder übel damit abfinden – so dachte ich – schließlich war es bei meinem Vater ganz genau so. Doch das Unglücklichsein mit diesem Zustand blieb. Und Wollsocken in der Nacht mochte ich ohnehin nicht. Ich hätte schon gerne gewusst, warum und wieso meine Durchblutung nicht gut funktionierte. An mangelnder Bewegung konnte es eigentlich nicht liegen. Doch woran lag es dann? Wie ein Blinder tastete ich mich vorwärts. Wo war die Antwort auf meine Fragen? Ein Schritt nach links, zwei Schritte nach rechts, drei Schritte rückwärts, und das Ganze wieder von vorn. Die Jahre vergingen. Das Frieren blieb. Die Wende kam erst, als mich mein Körper dazu zwang, mich mehr mit seinen Bedürfnissen zu beschäftigen. Er wollte nicht mehr. Er verweigerte die Zusammenarbeit. Das Ross bäumte sich auf, und wollte seinen Reiter, der ihm immer nur die Sporen gab, endlich abschütteln.

Ernährungsumstellung war angesagt. Hochwertig, basisch, vegetarisch, frisch, lebendig. Obst, Gemüse, Kräuter, Nüsse, Getreide. Der Körper atmete auf, und begann, seine Selbstheilungskräfte zu reaktivieren. Ich, der Reiter, lernte das Staunen. Und ich begann, mein Pferd zu lieben. Heiß und innig. Es war keine Romanze für einen Sommer, ganz im Gegenteil. Die Liebe wuchs und gedieh – bis heute, siebzehn Jahre später. Die Liebe ist zu einem dauerhaften Freundschaftsband geworden. Heute sind wir beide wieder unzertrennlich, wie als kleine Kinder. Die Füße sind warm, und so der ganze Körper, obwohl ich stundenlang am Schreibtisch sitze. Die positive Neugier hat gesiegt. Und es geht weiter.

Kräuter faszinieren mich momentan am meisten. Meine Mutter verwendete viel Schnittlauch, Dill und Petersilie, frisch auf den Tisch, aus dem eigenen Garten. Das hat nicht jeder. Ein Anfang, immerhin. Dann, das erste Jahrzehnt außer Haus, gerieten Kräuter bei mir erst einmal in Vergessenheit. Erst sehr viel später, nach meiner Ernährungsumstellung, kamen Rucola, Salbei, Borretsch, Brennnessel, Thymian und Rosmarin hinzu. Wacholderbeeren und Lorbeerblätter. Peperoni, und viele andere, auch Exoten. Doch die Grüngetränke am frühen Morgen setzten am meisten in Bewegung. Beispielsweise eine Handvoll Salbeiblätter, mit frischem Quellwasser gemixt, abgeseiht und getrunken – ein wahres Entgiftungswunder. Das Lymphsystem steht Kopf, und reinigt sich. Einen lieben langen Tag. Wer das am eigenen Körper erfahren darf, wache Beobachtung körperlicher Vorgänge vorausgesetzt, der wird sich wundern. Und begreift, oder ahnt zumindest, dass hier intelligente Gesetze am Werk sind. Gespeichert in der Welt der Pflanzen, aktiv als helfende, heilende Macht. Doch nur, wenn wir sie in den Körper hineinlassen! Und diese Intelligenzgesetze für den Körper herzlich und dankbar begrüßen. »Willkommen Freunde! Kommt herein! Schön, dass ihr mich besuchen kommt!«

Wirkt das ein bisschen komisch, so zu reden? Macht nichts! Wir sollten lernen, mit unserem Körper und der Nahrung, die wir unserem Körper zukommen lassen, zu kommunizieren. Sie bestehen schließlich beide aus lebenden, schwingenden Gesetzen, und sie arbeiten um so fleißiger für uns, je größer unsere Wertschätzung für sie ist.

Die Intelligenz aus heilenden Kräutern hat meinen Stoffwechsel angeregt, ja vielmehr: dauerhaft in Schwung gebracht. Anregende Impulse finden sich in Büchern wie: “Was blüht denn da?” – “Kräuterfibel” – “Gesundheit aus der Apotheke Gottes“ . . . Die Liste ist unendlich. Wie der gesamte Kosmos der Natur. Er macht mich neugieriger von Tag zu Tag. Ich möchte ihn mir mehr und mehr erschließen. Welche Erfahrungen mir meine Tagesschule in letzter Zeit diesbezüglich vermittelt hat, verdeutlicht folgende Auflistung:




• Wie entsteht positive seelische Intelligenz? (II) •


Teil II

eiter geht es mit Teil II, nachdem wir bereits im ersten Teil gesehen hatten, dass der aufrichtige Wunsch und die tägliche Bitte die Grundbedingungen für mehr positive Intelligenz sind. Heute dominiert nun mein Lieblingsthema – will heißen „Mut”. Mut tut gut, das wissen wir. Doch was ist Mut denn ganz genau: Übermut? Wagemut? Hochmut? Wankelmut? Langmut? Ein Wort ist’s, das bislang noch fehlt: die Demut gibt dem Auf und Ab des Lebens erst Balance. Mit Demut kommen wir der Sache langsam, aber sicher, näher.

Am vorletzten Sonntag ergab sich für mich die Gelegenheit, einiges zum Thema „Mut” – was auch mein Tagesthema war – hinzu zu lernen. Ich hatte eine Orgelvertretung zu spielen, und konnte während des Gottesdiensts beobachten, wie eine ganze Gemeinde von der übergeordneten Intelligenz im Universum geschult wird. Das Schulungsziel: die Gottesdienstbesucher auf die entscheidende, und sorgfältig geplante Mutprüfung gegen Ende des Gottesdiensts vorzubereiten. Die Belohnung für das Bestehen dieser Mutprüfung: mehr positive seelische Intelligenz!

Derartige Zusammenhänge erschließen sich natürlich erst im Nachhinein, und so will ich erst jetzt – nach über einer Woche des Nachsinnens – darüber berichten, wie das Ganze vor sich ging. Auch wenn die Schlussfolgerungen nicht so leicht bekömmlich sind – Medizin schmeckt nun einmal recht bitter – so bleibt abzuwarten, ob nicht dem Einen oder Anderen nach dieser Lektüre ein Licht aufgeht :idea: .

Szenenwechsel, der Sonntagvormittag in der Rückblende

Der Prädikant, ein angehender Pfarrer, jung und voller Elan, kommt auf die Orgelempore. Er begrüßt mich. Er strahlt, und seine Augen funkeln. Ein Leuchten geht über sein Gesicht. Kein Zweifel: da kommt jemand, der von seiner Sache überzeugt ist. »Sie begleiten heute unsre Lieder?« – »Und Sie begleiten heute unsre Gemeinde?« Wir lachen herzlich. Gegenseitige Sympathie. Ablauf wie gewöhnlich. Es kann beginnen . . .

Auszug aus dem Wochenpsalm: „Unser Herr ist groß und von großer Kraft, und unbegreiflich ist, wie er regiert . . .”

Der Predigttext ist der Apostelgeschichte entnommen, die Bekehrung des Saulus (APG 9, 1-19). Es gibt zwei Protagonisten in dieser Geschichte, Hananias und Saulus (der spätere Paulus). Der Prädikant stellt eine provozierende Frage:

»Warum ausgerechnet der?«

Warum schickt Gott Hananias, einen seiner treusten Diener, ausgerechnet zu dem gefürchteten Saulus, der gegen alle, die sich zu Jesus bekennen, mit Gewalt vorgeht? Hananias erfährt im Zwiegespräch, dass Gott Saulus als sein Werkzeug auserwählt hat, seinen Namen vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel zu tragen (Vers 15).

Hananias ist demütig. Er lässt sich bereitwillig dahin führen, wo Gott ihn haben will: in das Haus, in das Saul, von Gottes Lichtblitz zu Boden geworfen, von seinen Helfershelfern geführt wurde. Dort sitzt er nun, und weiß nicht, was geschehen wird. Er wartet, nichts sehend, nichts essend, nichts trinkend, schon seit drei Tagen.

Hananias tritt ein und legt ihm die Hände aufs Haupt: »Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt . . . dass du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllet werdest.«

Saulus ist ein anderer geworden: er ist wie ausgewechselt. Aus Saulus wird Paulus, fortan die treibende Kraft in der Sache Gottes.

Ich kenne keine Geschichte, die das Thema „Mut” eindrücklicher vor Augen führt, als diese Begebenheit aus der Apostelgeschichte. „Mut” wird von zwei gegensätzlichen Seiten beleuchtet. Hananias und Saulus spiegeln jeweils eine dieser Seiten wieder, doch beide Seiten wohnen jedem richtig gearteten seelischen Mut inne.

Hananias

  • Er soll zu seinem ärgsten Widersacher gehen: eine Aufforderung, die ihm alles abverlangt.
  • Ungewissheit und innere Zweifel stehen dem vollkommenen Vertrauen in die göttliche Führung gegenüber.
  • Durch Demut und Gehorsam entwickelt Hananias die notwendige innere Stärke.
  • Die unmittelbare Folge: mehr und mehr ruhige Gefühle der Geborgenheit und des Getragen Seins.
  • Conclusio:
    Ungewöhnliches wagen – aber nur, wenn die Intuition dazu rät.

Saulus – Paulus

  • Er ist zunächst völlig hilflos der Situation ausgeliefert: das macht ihn demütig.
  • Er erkennt in der Innenschau (Blindheit), dass sein bisheriges Leben verwerflich war, und schließt mit der Vergangenheit ab.
  • Er sagt sich von allem los, was ihm bisher wichtig war, und sagt »Nein« zu: Geld, gesellschaftlichem Ansehen, Einfluss und Macht.
  • Diese Standhaftigkeit hilft ihm später im Gefängnis, nicht den Mut zu verlieren.
  • Conclusio:
    »Nein« sagen können, wenn ein »Nein« erforderlich ist. Standhaft bleiben.

Für beide, Hananias und Paulus, gelten bedingungslos folgende
Charaktereigenschaften:

  • Geradlinigkeit
  • Standhaftigkeit
  • Aufrichtigkeit
  • Rückgrat zeigen können
  • Zähne zeigen können, falls erforderlich

Indikatoren bei andauernder Mutlosigkeit

  • Zahnprobleme
  • Rückenprobleme
  • Knieschlottern in dramatischen
    Entscheidungssituationen

Solche Probleme waren gewiss Hananias und Paulus Sache nicht!

Dem Prädikanten auf der Kanzel gelingt es, die Protagonisten zum Leben zu erwecken. Er kann begeistern, weil er selbst begeistert ist – das heißt, der Geist, der Heilige, kann in ihm wirken, weil er sich ihm geöffnet hat. Das überträgt sich auf die Zuhörer. Sie sind eingestimmt und vorbereitet. »Hananias und Paulus.«»Ja, die großen biblischen Gestalten!«»Hat das was mit uns zu tun?« Die Spannung steigt. Die Mutprüfung kann kommen.

Nach der Predigt geht es schnell dem Ende zu. Lieder singen, Vater Unser, Abkündigungen. Das Übliche. Veranstaltungshinweise, Einladungen, Dank an den Prädikanten, Dank an den Organisten. Auf einmal stellen sich die Ohren auf:

»Das Opfer der vergangenen Woche ergab . . . € und . . . Cent. Die heutige Kollekte ist für die Flutopfer in Pakistan bestimmt.«

Das war die offizielle Verlautbarung. Doch der Kirchengemeinderat fasst nach:

»Wie Sie alle sicher aus den Nachrichten wissen, ist das Ausmaß der Katastrophe viel größer als ursprünglich angenommen . . . «

In allen Farben schildert er die Einzelheiten. Eindringlich appeliert er an die Opferbereitschaft der Gottesdienstbesucher. Totenstille. Was jetzt wohl in jedem Einzelnen so vor sich geht?

Conclusio

Eine Woche später sitze ich wieder an der Orgel, und bekomme deshalb mit, wieviel die Gottesdienstbesucher letzte Woche gespendet haben. 50 Prozent mehr als gewöhnlich. Mutprüfung bestanden?

In der Zeitung lese ich, dass die Taliban mit Gewalt gegen die UN-Hilfsorganisationen drohen, weil aufgrund der Katastrophe „eine Horde von Ausländern” im Land sind. Das Kabinett beschwichtigt. Eine Million Euro Soforthilfe. Mitleid ist in unserer Gesellschaft Pflicht. Mutig sein hingegen nicht.

Was empfinden wir beim Anblick solcher Bilder? Wenn wir innerlich ruhig und unbelastet bleiben können, so sind wir weder gefühlskalt, noch egoistisch oder gar unmenschlich: vielmehr haben wir uns dann bereits ein hohes Maß an Objektivität verdient. Könnte Gott selbst solche Zustände ertragen, wenn er nicht in einer für uns unvorstellbar vollkommenen Weise objektiv wäre?

Das Einmischen in Angelegenheiten, die uns nichts angehen, sorgt für nahezu alle Schwierigkeiten auf dieser Welt. Es verhindert, dass Menschen lernen können, sich auf ihre eigenen Kräfte zu besinnen. Pakistan ist dafür ein sprechendes Beispiel.

Mutig „Nein” sagen zu können erfordert Stärke. Die gewinnen wir uns, wenn wir gegen den Strom schwimmen, wie es lebendige Fische tun. Wohin gelangen wir, wenn wir stromaufwärts schwimmen?

Zur Quelle! Zur Wahrheit! Zum Licht!

Erinnern wir uns an die Worte aus dem Wochenpsalm?

„Unser Herr ist groß und von großer Kraft, und unbegreiflich ist, wie er regiert . . . der den Himmel mit Wolken bedeckt und Regen gibt auf Erden . . .” (Psalm 147)

Und die massiven Regenfälle in Pakistan? Wechseln wir doch jetzt einmal den Standpunkt. Betrachten wir sie objektiv, und bar jeglicher Wertung. Was sind sie dann? Keine Katastrophe, sondern schlichtweg eine unfassbar weise Planung von höchster Stelle. Eine Vorbereitung für bessere Zeiten, denn Millionen von Menschen werden durch diese gewaltigen Naturereignisse geschult. Weitere derartige Ereignisse werden folgen, das sei verbürgt mit Brief und Siegel.

Und noch etwas: das Universum meint es gut mit uns. Es braucht uns Menschen mit mehr positiver Intelligenz. Und mit mehr Freude. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Geteiltes Leid ist doppeltes Leid. Das ist das kleine Einmaleins der Seele. Virginia Woolf schrieb hierzu:

»Anteilnehmen können wir jedoch nicht. Die so weise Schicksalsgöttin sagt „Nein”.

Wenn ihre Kinder, kummergebeugt wie sie bereits sind, auch diese Last noch tragen und in ihrer Vorstellung Anderer Leid ihrem eigenen hinzufügen müßten, so würden Gebäude nicht länger errichtet und Straßen in grasbewachsene Pfade auslaufen; das wäre das Ende von Musik und Malerei, und nur ein großer Seufzer würde zum Himmel aufsteigen, und Männern wie Frauen blieben einzig Schrecken und Verzweiflung.«

Wollen wir das?

Ende Teil II




• Wie entsteht positive seelische Intelligenz? (I) •


Teil I

oppla, aufgepasst! Was folgt als erstes wohl auf eine solche Frage? Dass Intelligenz nicht gleich Intelligenz sein kann. Jawohl! Verfügen wir doch über positive als auch über negative Intelligenz. Wo kommt sie her, wo geht sie hin? Das wollen wir im Folgenden zu klären suchen. Vorerst sei nur das Ziel genannt, das ich Euch nicht verhehlen mag: so lang Ihr Gast seid hier auf Erden

  • vermehret  die positive Intelligenz in Eurer Seele, und
  • vermindert die negative Intelligenz gleichermaßen.

Leicht gesagt, und leicht getan,
für den, der wirklich wünschen kann:
»Ich möchte mehr positive Intelligenz erwerben!«

Am besten jeden Morgen. Dann ist das Ganze nur noch ein Geduldsspiel. Macht nichts, denn ist Geduld nicht eine Tugend :wink: ? Und nichts auf dieser Welt lohnt mehr, als schwächenfrei zu werden. Das seid Ihr dann, wenn Eure Seele blütenweiß  grün  geworden ist – ausschließlich positiv intelligent. Farben sind auch Symbole. Natur versus Blut – versteht Ihr, was ich meine?

Nun ist unsere Welt ja so eingerichtet, dass ganz unterschiedliche Wahrnehmungen in unser Bewusstsein gelangen. Nicht immer sind diese Eindrücke angenehm, und manchmal stören sie unseren Seelenfrieden ganz erheblich. Ob es nun beispielsweise menschliche Äußerungen sind, die uns verletzen, oder Schmutz und Unordnung¹ in unserer Umgebung: wir müssen mit solchen Situationen konfrontiert werden, um die wahren Werte von den falschen unterscheiden zu lernen. Was dient wirklich unserer Entwicklung? Das Für und Wider will sorgfältig abgewägt sein. Nur so kann unsere Seele aus dem, was sie im Rahmen ihrer Tagesschule erlebt, neue Erfahrungswerte gewinnen, die mit den bereits vorhandenen ihren Erfahrungsschatz bilden. Dieser Erfahrungsschatz steht uns in all unseren Entscheidungen hilfreich zur Seite, zusammen mit der Instanz des Gewissens, sowie unserer Intuition.

Damit wir uns positiv entwickeln können, muss unsere Seele fortlaufend positive Intelligenz hinzugewinnen. Logisch, oder?

¹Ergänzung: Derartige Eindrücke spiegeln auch immer den Zustand unseres Körpers wider: „was mich stört, zu mir gehört!”

Vor einigen Jahren erzählte mir ein Freund, lachend und kopfschüttelnd zugleich, von einer Begebenheit, die für beträchtlichen Wirbel in den Medien gesorgt hatte: ein spektakulärer und zudem auch noch „erfolgreicher” Banküberfall. Den Tätern war es gelungen, in ein hochmodernes Bankgebäude einzudringen, wo sie sich kopfüber entlang der Stahldecke, mit Magnetschuhen an den Füßen, bis zum Tresor vorgearbeitet hatten. Unglaublich! Auf diese Weise umgingen sie gezielt die Alarmanlage, deren Lichtschranken lediglich den Bodenbereich bis zum unteren Drittel der Raumhöhe erfassen konnten. Panzerknacker also, die selbst Dagobert Duck das Fürchten gelehrt hätten. »So was von intelligent!« meint der eine, andere würden vielleicht ausrufen: »Einfach genial, diese Burschen!«

Wir ahnen schon – hier war negative Intelligenz am Werk. Und doch müssen wir zugeben, dass uns ein derart raffiniertes Vorgehen – zumindest im ersten Moment – fasziniert. Bilder entstehen vor unserem Auge, das Fragenkarussell beginnt sich zu drehen (»wie haben die das bloß mit dem Werkzeug gemacht?« usf.), und wenn wir nicht wach genug sind, galoppiert unsere Fantasie mit uns auf und davon. Wenn wir uns der Tagträumerei überlassen, und uns Details ausmalen, nimmt unsere negative Intelligenz zu. Verlockungen gewinnen dadurch an Reiz, während warnende Gewissensbisse schwächer werden. Deshalb sollten wir ganz bewusst eine Entscheidung dagegen setzen:

»Stopp! Nicht mein Ding. Würde ich niemals tun.«

Merke:

Wie wir gesehen haben, öffnet Tagträumerei negativer Intelligenz Tür und Tor. Das Gegenteil von Tagträumerei heißt: Konzentration auf das im Moment Wesentliche, oder etwas weicher, schmeichelnder formuliert: bewusster Umgang mit Gedanken. Gedanken lenken und kontrollieren fällt uns dann relativ leicht, wenn wir uns voller Energie fühlen. Starten wir nicht frisch und aufgeladen in jeden neuen Tag? Deshalb ist die erste Morgenstunde ideal geeignet, um unsere Konzentrationsfähigkeit zu trainieren, und an unserer Wunschkraft zu arbeiten. In den ersten Minuten nach dem Aufstehen, wenn unsere Gedanken noch klar und geordnet sind, rufen wir uns folgenden Wunsch ins Gedächtnis, und öffnen ihm die Herzenstür:

»Ich möchte mir mehr positive Intelligenz verdienen, bitte, könnt Ihr mir helfen?«
»Führt und leitet mich! Was sollte ich heute tun? Was ist heute wirklich wesentlich?«
»Ich möchte mich erkennen, und mich sehen, wie ich wirklich bin!«
Ich richte meine Bitte
tief in der Herzens♥mitte -
an Dich, Du wunderbare Kraft,
die liebend alles Leben schafft . . .
Unfassbar allumfassend weise
waltest  Du  unscheinbar und leise.
In Weisheit und in Liebe schenkst
Du mir das Leben, das Du lenkst
in Weisheit und in Liebe wieder;
____vor Dir allein beug ich mich nieder.____

Das richtige Wünschen ist der entscheidende Türöffner für mehr positive Intelligenz. Es weckt unsere Neugier auf das Positive, auf das Hilfreiche, auf das, was der Entfaltung unserer Seele wirklich zuträglich ist, mit einem Wort:

In der Stille liegt die Kraft. Das gilt ganz besonders für das Gebet.

Wesentliches erkennen, wesentliches tun:

„die kostbarste Zeit, die wir haben, ist die Zeit mit Gott.”

„Das richtige Wünschen macht uns wissbegierig auf die Wahrheit, die hinter allen Dingen liegt.”

Ende Teil I




• Zeitgeschehen: Loveparade Duisburg •


ein, ich war nicht dabei, bei der „Loveparade” in Duisburg am vergangenen Samstag. Nur beiläufig habe ich von der Tragödie vernommen, und ich bin froh, dass keine Bilder von dem Geschehen vor Ort in mich eingedrungen sind. Dafür sind mir innere Bilder gekommen, die mir geholfen haben, die Zusammenhänge rund um den Unglücksfall besser zu verstehen. Und dass ich etwas darüber schreibe, hat mit meinem Tagesthema zu tun, das ich gestern zu bearbeiten hatte, und mir den Impuls für diesen Artikel gab: „Natürlich sein, sich geben, wie man ist, sich nicht unnötig tarnen.” Es ist eines der 44 Hauptschwingungsbänder der Seele, das einer Erklärung bedarf.

„Natürlich sein – sich nicht unnötig tarnen.” – in Duisburg sind die Verantwortlichen in Deckung gegangen, bei laufenden Ermittlungen, das ist nur zu verständlich: da schweigt man lieber, vor allem, wenn es um strafrechtliche Konsequenzen geht. Menschliche Regung zeigt sich dagegen an anderen Orten. Trauernde Angehörige, natürlich, sie erinnern uns an das, was der Schlagersänger Michael Holm vor gut 35 Jahren auf den Punkt gebracht hat: „Tränen lügen nicht”. Zahlreiche Menschen sind persönlich betroffen. Schuldige zu suchen ist müßig, wo die Eigendynamik von Hunderttausenden zu unkontrollierbarem und unvorhersehbarem Verhalten geführt hat. Steht nicht vielmehr jeder Einzelne mit seinen Entscheidungen in der Verantwortung? Schuldzuweisungen helfen niemandem weiter. Aus solchen Ereignissen zu lernen und zu verstehen, die kausalen Zusammenhänge zwischen den Ursachen und den verheerenden Auswirkungen herauszufinden – das ist die Aufgabe von uns Menschen aus höherer Sicht.

Wieso ziehen derartige Veranstaltungen so viele Jugendliche magisch an, obwohl die Risiken seit langer Zeit bekannt sind? Solche Großereignisse mit weit über einer Million Teilnehmern – „Megaevents” werden sie im neudeutschen Sprachgebrauch ja auch genannt – sprechen in vielen Menschen den göttlichen Wesenskern an, den sie allerdings – um sich zu schützen – die meiste Zeit in sich verborgen halten. Die „Loveparade” suggeriert es ja bereits im Namen: »Liebe! Befreiung! Glück! Ungestüme Lebensfreude!« – wenn auch nur für kurze Zeit, da machte sich wohl keiner etwas vor. Oder doch? Auf jeden Fall, das Bedürfnis, wieder einmal mehr sich selbst zu sein, den Harnisch und die Tarnkappe abzulegen, ist menschlich vollkommen verständlich. Auch dem Karneval, der fünften Jahreszeit, liegt dieses Bedürfnis mit zu Grunde. Unter der Oberfläche des ausgelassenen Feierns verbergen sich jedoch ganz andere Motive – vor allem die Sehnsucht nach Liebe, Zuwendung und Anerkennung durch Andere – und die „Loveparade” war ein Katalysator, der diese tiefe Sehnsucht aus den verdrängten Schichten des Unterbewußtseins ans Licht beförderte.

Tanz und Bewegung haben seit jeher etwas Befreiendes. Ursprünglich war die „Loveparade” eine Art Demonstration neu aufkommender Musikstile. Zeitgleich mit dem Aufkommen monotoner, tranceartiger Rhythmen aus dem Computer Ende der 80-er Jahre schufen sich begeisterte Szenegänger mit der „Loveparade” die Möglichkeit, einmal im Jahr eine exessive Tanzparty in der Öffentlichkeit zu feiern, um ihren Lebensstil über den begrenzten Raum der Diskotheken und Techno-Clubs hinaus vor aller Augen publik zu machen.

Entblößung um jeden Preis? Einmal im Jahr stand man nun also im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Tanzen und Feiern bis zum Abwinken, bis zur Erschöpfung und darüberhinaus – für einige Stunden den Alltag vergessen, den Frust, den Ärger, den Chef, einfach alles, was nun einmal lästig und – da es ja nur die Lebensfreude trübt – vollkommen überflüssig zu sein scheint. Für viele war die „Loveparade” der Höhepunkt des Jahres, für manche das Highlight ihres Lebens – nur einmal dabeigewesen zu sein. Doch ist Dabeisein wirklich alles?

Das Logo der „Loveparade”, die es ja nun nicht mehr geben wird, hatte ein blutrotes Herz im Mittelpunkt, um das sich kreisförmig zahlreiche, nach außen hin immer kleiner werdende Punkte gruppierten; sozusagen ein stilisierter Blick aus der Vogelperspektive auf die Köpfe der Tanzenden, die sich um das „Lovemobil” drängten. Aus diesen technisch hochgerüsteten „Lovemobils” (Kostenpunkt der Audio-Ausstattung eines solchen Mobils: ca. 50.000 €) trieb der monotone Rhythmus in einer Lautstärke, die ein still dabeistehender Zuschauer kaum verkraften könnte, die Tanzenden in die Ekstase. Verwundert es, dass zeitgleich mit der Verbreitung der Technomusik eine Party-Droge aufkam, die auf den Namen „Ecstasy” getauft wurde? Schnelle Technorhythmen erinnern in der Tat an ein rasendes, zuckendes Herz, an den millionenfach verstärkten Puls des menschlichen Organismus in einem Zustand der permanenten Überlastung; ein Organismus, der kaum mehr nachkommt, genügend Blut durch den Kreislauf zu pumpen. Man weiß seit langer Zeit vom Sport, dass der Körper nach intensiver Belastung vermehrt Endorphine, auch „Glückshormone” genannt, ausschüttet. Sie suggerieren ihm neue Kräfte, obwohl der Organismus bereits vollkommen erschöpft ist. Lebensenergie verpufft, Warnungen verschwinden. Eine Art euphorische Trance ist die Folge, in der die bewußt-objektive Wahrnehmung des Geschehens weitgehend ausgeblendet wird.

Szenenwechsel. Seit langer Zeit habe ich kein Fernsehgerät mehr, und ich bin froh darum – mein Geist fühlt sich seither sehr viel leichter und ruhiger an, und dieses befreite Bewußtsein tut mir gut. Manchmal steigen Fernsehbilder, die ich als Heranwachsender angeschaut habe, wieder in mir hoch – so wie jene amerikanische Serie, die ich mir damals nie entgehen ließ: „Auf der Flucht” hieß sie, und sie zeigte einen Menschen, der von der Polizei gejagt wurde, Tag und Nacht – ob er ein Verbrechen begangen hatte, oder nur verdächtigt wurde, blieb unklar – ein Nervenkitzel über Wochen und Monate hinweg. Dieser Mensch kam nie zur Ruhe, fand nie entspannenden, erholsamen Schlaf. Er agierte wie ein gehetztes Tier, dessen Spuren die Bluthunde wittern.

Heute weiß ich, warum mich diese Serie in den Bann geschlagen hatte: ich erlebte ein klein wenig von mir selbst, denn auch ich war auf der Flucht. Vor der Realität, vor der Wahrheit, und vor allem: vor mir selbst. Fleißig bastelte ich mir Traumwelten zusammen, stürzte mich in Abenteuer, später dann in Stress und Arbeit, weil ich der Auseinandersetzung mit meinem wahren Selbst aus dem Weg ging. Und, zugegeben, weil ich in der Außenwelt – meine eigenen Handlungen und Entscheidungen mit eingeschlossen – so wenig von dem vorfand, was meinem wahren Wesen im Innersten entsprach: Licht und Liebe. Was blieb, war eine ungestillte Sehnsucht. Ist es Zufall, dass sich Sucht auf Flucht reimt? Ist nicht auch die „Loveparade” ein Synonym für die Flucht vor der Realität?

Wir leben in einer Welt voller Versprechungen. Verlockende Angebote, bunte Vögel, der Preis ist heiß. Kein Wunder, dass man sich bei Lockvogelangeboten schnell die Finger verbrennt. Besser, man prüft vorher. Nicht einmal, nicht zweimal. Ständig! Jeder Mensch hat vollkommene Entscheidungsfreiheit, innerhalb eines Umfelds, das immer undurchschaubarer wird. Ein (Ver-)Irrgarten. Ohne höhere Führung ist man darin unweigerlich verloren. Unsere Schwierigkeiten im persönlichen Bereich, wie auch im großen, globalen Getriebe dieser Welt spiegeln uns allzu deutlich die Konsequenzen unseres eigenmächtigen Handelns – Ursache und Wirkung – und sonst nichts.

Wenn wir also keine Opfer sind, sind wir dann Täter wohl zu nennen? »Tät-er das, was er tun sollte, käm’ er nicht in Schwierigkeiten!« ruft es von oben. Die Sani-tät-er hatten in der Nacht zum Sonntag alle Hände voll zu tun. „Sanitas” umfasst als Begriff die körperliche und geistige Gesundheit des Menschen, und hier gilt es, vom willenlos Dahintreibenden „Tät-er” zum willensstarken, tätigen Menschen heranzureifen.

Damit schließt sich der Kreis: „Natürlich sein, sich geben, wie man ist, sich nicht unnötig tarnen.” Das ist gar nicht so einfach, in einer Welt hochfrequenter elektronischer Wechselfelder, der Mobiltelefone, der Nanotechnologie, der Gentechnologie, der akkustischen und informationstechnologischen Dauerberieselung – und, fast hätten wir’s vergessen, der Musiktechnologie, Technomusik, Hip-Hop, Rap, und was es sonst noch alles gibt, respektive. Leben aus der Retorte? Bei der „Loveparade” dabei zu sein, das empfanden viele Jugendliche als „hip” und „cool”. Wie kann man in einer hochtechnisierten Welt, die überwiegend materielle Werte propagiert, seelisch heil durchkommen, geschweige denn natürlich sein?

Besser, wir zünden ein Licht an, als über die vorherrschende Orientierungslosigkeit zu klagen – denn es ist durchaus ein langsamer Wandel zu erkennen. Wechseln wir den Standpunkt. Sehen wir diese Situation als Herausforderung, als Chance, den ersten Schritt zu tun, immer und immer wieder – denn steter Tropfen höhlt den Stein. Indem wir unsere eigene Intuition und Seelenkraft stärken, werden wir zum Vorbild für unsere Mitmenschen.

»Mut! Mut! Mut!«

Rückgrat zeigen

Mutig sein heißt: Nein sagen können, Rückgrat zeigen, standhaft bleiben, sich selber treu sein, auch wenn die ganze Welt – meist ist es ja nur die Mehrheit der Gesellschaft – ihr Fähnlein nach dem Wind ausrichtet. Natürlich sein, das heißt auch, die Natur zu unserem Verbündeten und Gefährten zu machen. Wir brauchen die unverfälschte Intelligenz der Natur – die die Intelligenz Gottes ist – in unserer Nahrung, in unserer Luft, in unserem Wasser, und in unserem Körper. Entwickelt sich unser Körper Tag für Tag in eine gesunde, natürliche Richtung, so gesundet die Seele mit ihm und in ihm.

Deshalb: die Menschen in unserem Land brauchen Vorbilder. Dringend. Werden sie eins. Nehmen Sie Ihre Gesundheit selbst in die Hand. Sagen Sie »Nein« zu Gentechnologie und Nanotechnologie in Nahrungsmitteln – durch Ihren bewußten Einkauf. Seien Sie bereit, an sich zu arbeiten, und beginnen Sie in allem bei sich selbst. Bringen Sie den Wunsch auf, der Stimme Ihres Gewissens zu folgen. Fragen Sie jeden Tag Ihre Intuition: »was ist heute wirklich wesentlich, was sollte ich jetzt wirklich tun?« Wie schrieb Johann Heinrich Zedler (1706 – 1751) in seinem Universallexikon unter dem Eintrag „Gesundheit” so treffend:

„ . . Nächst diesen schreibt man auch dem menschlichen Verstande eine Gesundheit zu, wenn nemlich sich selbiger in dem Stande befindet, dass er das wahre und falsche recht erkennen kann, und nach der wahren Erkenntniß den Willen beweget, sein Thun darnach einzurichten . . ”

Rückgrat zeigen

Wir müssen zur Natur zurückkehren, wenn wir begreifen wollen, was „natürlich sein” wirklich bedeutet.