• Die große Kälte •


rühlings Erwachen . . .

»Wie lange lässt du mich noch zittern?« So klagt das zarte Blümlein seiner Herzenssonne, die unerbittlich ihrer Bahn folgt, und sich einstweilen hinter Wolken recht bedeckt hält.

„Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
Vom Himmel fiel,
Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
Am zarten Stiel . . .”

»Steig höher! Wärme mich! Ich harrte hier im Dunkel für so lange Zeit – du Prächtige, mein Herzenswonne, sei du mein Ehrenkleid!«

»Ach lass doch nicht dein Köpflein hängen! Das tut mir weh, wenn ich so gramvoll dich gebeuget seh! Ich wärme dich, hab nur Geduld, ich bin ohn’ Schuld — ein jedes Ding braucht nun mal seine Zeit.«

»Du liebe Sonne du! Du hast gut reden! Feurige Jugend, gleißendes Licht, vergiss deines harrenden Glöckchens nicht! Und ich will kräftig mich derweil in Anmut dir entgegenstrecken.«

Wer hat sich schon einmal ganz tief gebeugt, um dem leisen und wehmütigen Geläute blühender Schneeglöckchen zu lauschen? Filigran kommen ihre Töne daher, zerbrechlich wie ein gläsernes Meer, auf dem sich die Lichtpunkte des Himmels spiegeln. »Still!« Wer diese Glöcklein hören will, muss innehalten. Der Alltagslärm lässt scheinbar sie verstummen; doch schweigen wir, beginnt es da und dort zu summen — ganz sachte klingend läutet es den Frühling ein . . .

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Sind’s nicht verklärende Worte, die der Poet einst fand? Musik und Dichtung reichen sich die Hand. Was uns berückt, ist ihm geglückt: dem Rückert, Friedrich – das ist des Dichters werter Name. Kann solch ein Name Zufall sein? Sei’s wie es sei, ’s ist einerlei, der Name spricht für sich . . . :wink:

Und die Musik (Liederalbum für die Jugend, R. Schumann)? Die Töne, die im Morgenlicht wie Tropfen von den Blättern perlen, entführen uns in jene Zeit, als Elfen, Feen und Geisterwesen unser Land regierten – insgeheim natürlich, wie man hinzufügen muss; denn nur der wird ihrer angesichtig, der sich nicht scheut, den Wanderstab an die Hand zu nehmen, um durch schaurig-schöne Vollmondnächte hinzuschreiten. Über Wiesen und Auen geht es; mild und stumm breitet der Mond sein sanftes Licht aus über weite Felder; andächtig und behutsam trittst du ein - - in den Hain, dem nun der Frühling neues Leben angedeihen lässt.

»Geduld, Geduld!« So schnell geht’s heuer wirklich nicht. Indess – das Warten auf das frische Grün fördert die Dankbarkeit in unsrer Seele. »Die ersten Farben!«»Das erste Blau!«»Ein sattes Gelb am Wegesrand!«»Welch Jubel, den die Vögel künden!« Stimmen auch wir den Lobpreis an; in Ehrfurcht staunend ob dem Walten der Natur.

»Ob sich im Garten schon was regt?«
»Noch liegt das Gartenhaus verdunkelt.«
»Oho, es rumpelt bei der Hecke!«
»Schaut da ein Erdgeist um die Ecke?«
 
Nur einer wagte sich hervor,
doch alle rufen jetzt im Chor:
»Ach Herr, wir können’s kaum erwarten,
schließ ER uns auf den Frühlingsgarten!«

Ob wohl der Herr des Hauses ihre Bitt’ erhört? »Zum Glück hat er den Schlüssel abgezogen!« So können wir mitsamt den Zwergen zumindest einen Blick durchs Schlüsselloch erhaschen.

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ER hat die Schlüssel in der Hand. Gott, Vater, Schöpfer, Heil’ger Geist! Licht, Leben, Glück und Freude, alles quillt aus seiner Hand.

»Singet ihm das Hohelied der Liebe!«

Heute ist Karfreitag; der höchste Feiertag des Jahres.

»Kommt feiern wir, und singt mit mir!«

Musik, die voller Würde den Karfreitag feiert, klingt von ferne aus dem Gral.

»Dort, auf der Aue, Parsifal!«

Kennst du den jungen Mann, der an der heil’gen Quelle Helm und Schwert beiseite legt?

Dem Gekreuzigten gewidmet: Charfreitagszauber aus dem dritten Akt des Parsifal. Die Szene, kurz umrissen:

Der alte Einsiedler Gurnemanz erkennt in dem gereiften Manne, der ihm in tiefster Waldeinsamkeit begegnet, den Jüngling Parsifal wieder. Viele Jahre sind seit ihrer ersten Begegnung vergangen; doch nun, da die Vorsehung Gurnemanz, den ehemaligen Hüter des Gralstempels, und Parsifal wiedervereint, salbt er dem Jüngeren liebevoll das Haupt. Parsifal, durch Entsagung und Verzicht geläutert, ist jetzt bereit, den Richtigen zu helfen. Selbstlos wird er dem König die Erlösung bringen. Doch was bleibt ihm, der alle Leidenschaften überwunden hat? Die reine Christusliebe, die nichts vom Nächsten fordert, aus tiefstem Herzen strömt, und zu den Herzen geht.

Hören wir die Karfreitagsszene aus Richard Wagners Bühnenweihfestspiel Parsifal in einer historischen Aufnahme aus dem Jahr 1926 aus Bayreuth, mit Richard Wagners Sohn Siegfried als Dirigent (Quelle: Montsalvat).

Da dies eine Orchesterfassung ist, habe ich als Hilfestellung zum Mitsingen den Gesangspart eingesungen, und den zugehörigen Notenpart zum Mitverfolgen daruntergesetzt (bis zum Ende der ersten Hälfte der dargestellten Szene).

»Singen ist Freude! Und gebt nicht so schnell auf. Wagner ist nicht so einfach. Doch wer sich die Wagnersche Musik gewinnt, hat etwas für die Ewigkeit.«

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Und wer fleißig geübt hat – und sich seiner Sache einigermaßen sicher ist, der wage es: hier ist die Orchesterfassung, ganz ohne Gesang. »Schließ’ die Augen. Atme tief aus und entspanne dich. Versetze dich in Parsifal und seine Aufgabe hinein.«

»Sei Parsifal! Und singe, Gott zu Ehren.«

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Bei solcher Musik lässt sich der liebe Gott nicht zweimal bitten – der Frühlingsgarten lässt nicht länger auf sich warten. Erschlossen liegt er nun vor unsren Augen. Kaum zu glauben, aber wahr – euer Singen hat ein Lächeln auf das Antlitz des Gekreuzigten gezaubert . . .

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