Geschenke - mein 17252. Tag


en Menschen treibt es in die Ferne, dort sucht er’s Glück – das Paradies. Da gibt es die Geschichte von den zwei Mönchen, die eines Tages ihre Zelle verlassen, um das Paradies zu suchen; sie irren durch die Lande, und es wird eine lange, beschwerliche Reise. Am Ende ihrer Tage kommen sie müde und hungrig an eine Einsiedelei, und sie klopfen an die Tür. Ein Mönch öffnet ihnen, und sie erkennen, dass sie an der Tür stehen, durch die sie gegangen waren, als sie einst ihre Zelle verlassen hatten.

Ergo, das Paradies liegt in und um uns, und wir sollten es hegen und pflegen, damit es nicht verwildert, und in einen jahrelangen Dornröschenschlaf versinkt. Doch müssen wir es erst einmal erkennen, und – natürlich – das tun wir gerne, umarmen und wachküssen.

Seit einem dreiviertel Jahr bin ich nun ohne Fahrzeug unterwegs. Seither erkunde ich mit dem Fahrrad meine nächste Umgebung, und immer wieder entdecke ich Perlen in der Natur, die mir mit dem Auto verborgen geblieben wären. Es müssen nicht immer die großen Ereignisse und Spektakel sein, oft ist es nur ein besonderer Baum oder eine interessante Bruchlinie im Gestein, an der die magnetischen Kräfte des Erdkerns kraftvoll den Körper umfließen. Gestern war es ein richtiges Arboretum, ein Hain mit herrlichen Bäumen, den man eigentlich unter südlicheren Gefilden erwarten würde; unter Zedern und Mammutbäumen wurde es licht und leicht in mir, und ich sah mich wandeln in duftenden Gärten unter plätschernden Brunnen in der Villa d’Este in Rom. Ein unglaublicher Kontrast zu den düster-schweigenden Tannen- und Fichtenwäldern des Nordschwarzwalds, und nur eineinhalb Stunden Radfahrzeit von mir entfernt (Pforzheim-Sonnenberg, beim Tornadostein).

Wie kam dieses Arboretum zustande? Alles hat sein Gutes, und so auch der Wirbelsturm, der vor 40 Jahren, von Frankreich her kommend, eine Schneise der Verwüstung durch die Lande zog – mithin eine Möglichkeit, die Natur neu zu gestalten, zum Wohl und zur Freude der Menschen.

Und noch ein Beispiel: Als vor fast 10 Jahren am ersten Weihnachtsfeiertag der Wirbelsturm Lothar¹ im Nordschwarzwald ganze Berghänge abrasierte, wurde viel Platz geschaffen, um einer natürlicheren Wiederaufforstung Rechnung zu tragen – weg von den schnellwachsenden, auf größtmöglichen Profit hin ausgerichteten Monokulturen, hin zu einem gesunden, bunten Wald der Vielfalt, der auch dem Erholungssuchenden mehr Abwechslung und Freude bietet. An der Schwarzwaldhochstraße, von Freudenstadt kommend, kann man kurz vor dem Schliffkopf ein Bannwaldgebiet durchstreifen, das nach dem Wirbelsturm nicht geräumt wurde; ein beeindruckendes Erlebnis, wenn man sieht, wie rasch sich ein Wald ohne Eingreifen des Menschen erholt, wie sich Flora und Fauna in harmonischer Eintracht entwickeln.

So bietet die Natur kostenlose Geschenke, die man suchen und entdecken kann, und jeder hat genügend davon vor der Haustür, ob man nun in der norddeutschen Tiefebene oder im Ruhrpott zu Hause ist. Wer bereit ist, sich diesen Geschenken zu öffnen, entfaltet ein wichtiges seelisches Talent: „Paradies zu Hause schaffen, und nicht nach grünerem Gras suchen” – auch der, der uns erschaffen hat, ging uns hierin, nicht nur diesbezüglich, für Milliarden von Jahren voraus.

¹ Der Wirbelsturm Lothar, der nach dem heiligen Abend, dem traditionellen Abend der Geschenke, durch unsere Lande fegte, und viel Energie vernichtete, ist ein interessantes Beispiel dafür, um zu verstehen, wie das Universum die Energiebilanz der Menschen bereinigt. Wenn Menschen Fehlentscheidungen treffen, vernichten sie Energie – und wieviel fehlgeleitete Energie verpufft Jahr für Jahr durch den Konsumrausch und den Geschenkwahn vor Weihnachten? Der Wirbelsturm am nächsten Tag war ein Glied in der Kausalkette und (hoffentlich) ein mächtiger Denkanstoß.

Schenken als gesellschaftliche Pflicht?
Das wünschen die Gesetze nicht.
Schenken von Herzen?
Entzündet die Kerzen!