eit ist ein dehnbarer Begriff, und sicherlich haben Sie es schon erlebt, wie quälend langsam sie verstreicht, wenn man eine widerwärtige Aufgabe zu erledigen hat. Doch wie im Flug entschwindet sie uns in den glücklichen Stunden, die wir für immer festzuhalten trachten; und so verwandeln sich jene kostbaren Augenblicke zu den Fixpunkten unserer Erinnerung. Indess das Leben schreitet weiter; und wir halten mit, Schritt auf Schritt . . .
Immer wieder ein kleines Entspannungspäuschen zwischendurch, und der Tag gewinnt – an Lebensqualität und Freude. Gestern nach dem Mittagessen nahm ich die Gelegenheit wahr, und legte mich nieder – eine Viertelstunde – bis um 15:00 Uhr, so dachte ich. Einige tiefe Atemzüge, und ich spüre die wohltuende Entspannung meiner Gliedmaßen, aber auch der inneren Organe und Drüsen; herrlich ungewohnt ist es, die eigene Bauchspeicheldrüse gluckern und blubbern zu hören. Der Verdauungsapparat verrichtet Schwerstarbeit, und ich höre zu, halb entschlummernd . . . Da dringen drei leise Glockenschläge aus weiter Ferne an mein Ohr, und ich schrecke auf – „was, schon 15:00 Uhr, das ist nicht möglich!”- doch bevor ich einen klaren Gedanken fassen kann, ist alle wohltuende Entspannung dahin. Völlig unnötig, wie sich im Nachhinein herausstellt; denn es waren die drei Glockenschläge für die letzte Viertelstunde vor 15:00 Uhr.
Warum musste ich diese zeitliche Verwechslung, die mir meine Ruhe raubte, heute so erleben? Ich kenne doch das Geläute der Kirchturmglocken in- und auswendig; für die volle Stunde müssen erst einmal vier Schläge voraus mit einer kleineren Glocke zu hören sein, und dann jeweils die Anzahl der vollen Stunden mit einer größeren Glocke, noch einmal wiederholt von der größten und tiefsten Glocke. Heute morgen erst wurde mir der Zusammenhang mit dem Vortag bewußt: unwesentliche, doch nervlich aufreibende Kleinigkeiten liessen mich das Arbeitsende weiter und weiter hinauszögern; angespannt hetzte ich durch den Abend, und nahm die Probleme mit ins Bett. Da liegt man dann, und macht sich Druck: jetzt aber rasch entspannen und einschlafen, denn es ist schon spät! Ein Unding, eine Sisyphusarbeit, die erschöpft und schwächt, doch nie zum Ziele führt. Von der Anspannung des Tages loszulassen — das benötigt einfach gewisse Stunden; unser Geist will zur Ruhe kommen, denn er strebt nach Harmonie und Ordnung. Man fühlt sich wohl in einer aufgeräumten Stube, wo alles seinen rechten Platz hat; und so will jeder Gedanke bearbeitet sein, bis alles unter Dach und Fach ist, und alle Schubladen verschlossen sind. Dann lege ich meine Kleider ab, und streife damit auch den Tag von mir – jetzt bin ich bereit für die Nacht, und einen Schlaf, der wirklich erfrischt und erquickt.