• Die große Reise - Pfingstfest 2012 •




»Durch meine Botschafter habe Ich dem Menschen gesagt, er solle sein Brot aufs Wasser werfen, und es werde vervielfacht zu ihm zurückkehren, aber er hat es bis heute noch nicht verstanden.«

Ich habe über diese Worte aus der Botschaft der göttlichen Iliade, die in ihrer Grundessenz bereits im Prediger Salomo aufleuchten, lange nachgedacht (im Alten Testament finden sie sich im Buch Kohelet, Kap. 11,1). Sie erschienen mir merkwürdig fremd, und dennoch – oder gerade deswegen – umkreisten sie unaufhörlich mein Bewusstsein. Sicherlich wird es vielen Menschen, wenn sie diese Worte lesen, ähnlich ergehen wie mir, denn die assoziative Symbolsprache des Geistes erschließt sich weder unserem Intellekt noch unserer sinnlichen Wahrnehmung. Was vom Geiste ausgesendet wird, kann nur im Geist empfangen werden. Kontemplation, Reflexion und meditative Seelenschau sind deshalb die notwendigen Fähigkeiten, die uns in Verbindung mit jener Quelle bringen, in der sich alles Wissen verbirgt. Dieses Wissen, das schon immer in uns war, wartet seit Urzeiten geduldig darauf, von uns erkannt und erinnert zu werden.

Inzwischen erschließt sich jene Quelle, die alles Wissen in sich birgt, mehr und mehr meinen inneren Augen. Im Widerschein ihres gleißenden Lichts fließen nun jene bedeutungsschweren Worte durch mich hindurch wie kristallklares Wasser – jene Worte, die mir zuvor so unnahbar erschienen:


»Durch meine Botschafter
habe Ich dem Menschen
gesagt, er solle sein Brot
aufs Wasser werfen, und
es werde tausendfach zu
ihm zurückkehren, aber er
hat es bis heute nicht
verstanden.
«

»Weh den Menschen, die nie zu wünschen gelernt haben!
Sie säen sich ihr eigenes Leid.«

Und ich sehe jene Menschen, wie sie heiraten, in den Tempeln, Kirchen und Moscheen dieser Welt, um hernach Reis auf die Vorhöfe der heiligen Stätten zu streuen. Doch die Saat fällt auf steinigen Grund und bringt keine Frucht. Und so kommen Morgen schon die Straßenkehrer und fegen die Saat zusammen, um sie zum Kehricht zu geben.

Reis ist Nahrung für Millionen Menschen, täglich Brot für Viele. Stecken wir ein Reiskorn in die feuchte Erde, geht eine Zehnerähre daraus hervor. Und wenn wir unser Brot aufs Wasser werfen? Dann kehrt es tausendfach zu uns zurück.

Die Schöpfung – ein Gedankenwellenuniversum

Der neue Tag erwacht. Er ruft Dich, still und leise, und in der Reinheit und Frische des anbrechenden Morgens herrscht jener Geist, der in uns den Boden zu bereiten vermag, auf dem die Saat unserer Wünsche sich in der Kraft des Lichts entfalten. Wir senden unsere Herzgedanken hinaus in den Äther, machtvoll und kraftvoll, in der Gewissheit, dass sie von den Gestirnen reflektiert, von den Enden des Raumes gespiegelt in uns widerhallen, um sich ihren Weg in die Welt unserer vom Geist geprägten irdischen Formen zu suchen. Bewusstes Wünschen und dem daraus resultierenden Handeln entspringt die geformte Scheinrealität aller materiellen Dinge, die werden und vergehen, wie unsere Gedanken kommen und gehen, um von neuem wiederzukehren.

Wie eine Welle verebbt, und wie eine Flamme erlischt, so verblasst auch unsere Wunschkraft, wenn wir sie nicht von Tag zu Tag erneuern. Wir erhöhen die Wunschkraft unseres Herzens dadurch, dass wir die Spannweite unserer Wünsche ausdehnen. Je höher unsere Ideale sind, desto stärker wird unsere Vorstellungskraft, die in der Sehnsucht des Verlangens nach Manifestierung unserer Wünsche zur Triebfeder des tatkräftigen, zielgerichteten Arbeitens wird. Wünsche, denen wir nicht durch zielgerichtetes Handeln Ausdruck verleihen, sind wie Herbstblätter im Wind.

Erwachendes Bewusstsein

Unausweichlich weckt uns der neue Tag. Es ist der nun anbrechende kosmische Tag. Wir können unser Angesicht nicht vor ihm verbergen. Aus der Dunkelheit der Nacht entfaltet sich sein Licht, auf dass wir handeln, um das Licht zu finden. Wir finden es im strahlenden Licht der Sonne, wie wir es wiederfinden in den Herzen der Menschen, die der Einheit ihres Seelenselbstes mit dem AllEinen göttlichen Licht in sich bereits gewahr sind. Wir alle sind Reisende auf dieser großen Fahrt, aus der Finsternis unserer vergangenen Tage empor zur leuchtenden Glorie unserer Göttlichkeit.

Der Weg ins Licht ist weit. Wir finden den Pfad, indem wir ihn unablässig suchen – und inständig um innere Führung bitten. „Erleuchte meinen Pfad, oh Heiliger Einer, auf dass ich nicht strauchle in dieser Dunkelheit!” – so steigt mein Herzenswunsch aus der Tiefe der Seele. Auf den goldenen Schwingen der Morgenröte wird er bis zu den Sternen emporgetragen, doch spiegeln sie die Antwort schon im selben Atemzug an uns zurück: „Komm in meine hohen Himmel! Du hattest mich einst verlassen, um tausend mal tausend Tode zu sterben. Du kanntest Deinen VaterMutter nicht mehr, obwohl ICH immer bei Dir war. Erkenne MICH! Erkenne DICH! Denn Du bist Eins in mir.”

So ist unsere Reise aus der Finsternis in das allumfassende kosmische Licht hinein eine großartige Verwandlung, eine Transformation von der reinen Sinnenwelt vergangener Tage zur ätherischen Welt des Geistes. Emotionen der Leidenschaft (die Leid erschaffen) weichen mehr und mehr der Ekstase der seelischen Liebe, die das unwandelbare Wesen des schöpferischen Weltgeistes ist.

Pentecoste, zu deutsch Pfingsten, kündet mit der Aussendung des Heiligen Geistes vom immerwährenden ekstatischen Wesen Gottes. Lasst euch von der Schönheit seiner Schöpfung begeistern! Entfacht in Euch das Feuer des Geistes! Denn wer BeGeisterung in all sein Denken, Handeln und Tun hineinlegt, wandelt wahrlich im Geiste, und manifestiert so seinen Schöpfer in angemessener und erhabener Weise.

Coda

Zweitausendundzwölf Jahre sind nun vergangen, seitdem sich das liebende Christusbewusstsein in das Herz der Menschheit gesenkt hat. Nun sind wir also angekommen in diesem bedeutungsschweren Jahr. Nach Rudolf Steiner markiert das Christusgeschehen genau die Halbzeit der Entwicklung des Menschengeschlechts.

Nun, zwei Jahrtausende später, stehen wir also erneut an einem großen Wendepunkt in der Geschichte von der Entfaltung des Menschen – denn es offenbart sich jetzt, wer den Christusimpuls des selbstlos liebenden Menschen in sich aufgenommen hat, und wer ihn zugunsten von Gier und Egoismus zurückdrängt hat. Diese Polarisierung zwischen Licht und Finsternis strebt einem Höhepunkt entgegen, und wer die letzten Jahrzehnte betrachtet, wird erkennen, dass sich die Entwicklung dramatisch beschleunigt und zuspitzt. Doch die unermessliche Transformationsreise der Menschenkinder, die reinen Herzens und guten Willens sind, gewinnt weiterhin mächtig an Fahrt. Sie ist jetzt vollauf im Gange – und alle, die zurück zum Vater wollen, müssen mit. Es ist ein weiter, weiter Weg, den wir gegangen sind, doch noch viel weiter ist der Weg, der vor uns liegt. So zaudert nicht – schaut vielmehr unentwegt ins Licht!

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• Die Zeichen erkennen •



Erdbeben Japan, Atomkrise:

Viel wichtiger, als im Leid zu verharren, ist es, danach zu trachten, die übergeordneten Zusammenhänge der Geschehnisse zu verstehen und sie als Geschenk zu betrachten (auch wenn dies zunächst schwerfallen mag, aber sie initiieren die notwendigen Anstöße zur positiven Veränderung von uns SELBST). Wer die Vorgänge versteht, kann die erforderlichen Konsequenzen daraus auch ziehen. Für uns bedeutet das vor allem, dass wir die Augen für die wahren Werte öffnen, und uns bemühen, zu erkennen, um was es im Leben wirklich geht. Carpe Diem: » Nutzt eure Lebenszeit für das Wesentliche!«

». . . du wirst ausbrechen zur Rechten und zur Linken,
und dein Same wird die Heiden erben
und in den verwüsteten Städten wohnen. . . 
 
Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen;
aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.
Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns
ein wenig vor dir verborgen,
aber mit ewiger Gnade will ich mich dein erbarmen,
spricht der HERR, dein Erlöser.
Denn solches soll mir sein
wie das Wasser Noahs,
da ich schwur, dass die Wasser Noahs sollten
nicht mehr über den Erdboden gehen.
Also habe ich geschworen,
dass ich nicht über dich zürnen
noch dich schelten will.
Denn es sollen wohl Berge weichen
und Hügel hinfallen;
aber meine Gnade soll
nicht von dir weichen,
und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen,
spricht der HERR, dein Erbarmer.
 
Du Elende, über die alle Wetter gehen,
und du Trostlose, siehe,
ich will deine Steine wie einen Schmuck legen
und will deinen Grund mit Saphiren legen
und deine Zinnen aus Kristallen machen
und deine Tore von Rubinen und
alle deine Grenzen von erwählten Steinen
und alle deine Kinder gelehrt vom HERRN
und großen Frieden deinen Kindern.«
 

 
 
So spricht der Prophet Jesaja, Kapitel 54

Was unterscheidet den Menschen vom Elefanten?

Der Mensch vergisst sehr schnell, im Allgemeinen. Das hat durchaus sein Gutes, wenn es ums Vergeben geht. Doch wenn es darum geht, aus Geschehenem zu lernen, so ist ein Gedächtnis, wie es Elefanten zugeschrieben wird, gar mehr als hilfreich. Gut 50 Jahre ist es her, dass Albert Einstein seinen Seelenfreund Albert Schweitzer dazu drängte, die Weltöffentlichkeit vor den Gefahren der Atomspaltung zu warnen. Viele führende Wissenschaftler schlossen sich alsbald an. Wer erinnert sich noch an Schweitzers „Ein Wort an die Menschen”, eine Aufnahme aus dem Jahr 1964, auf der die Stimme des großen Menschenfreunds eingefangen ist? Schweitzers Wort hatte Gewicht. Schließlich war er eine moralische Instanz – mitten in der Zeit des kalten Krieges. Einstein in einem Brief an Schweitzer: »Man sieht, dass Ihr stilles Vorbild eine tiefgehende Wirkung auslöst. Darüber dürfen wir uns alle freuen . . .«

Doch so schnell, wie wir die verheerenden Naturkatastrophen unserer Tage verdrängen und vergessen, so rasch nahmen die mächtigsten Nationen der Welt ihre Atomtests wieder auf. Wissenschaft und Technik triumphierte. Und damit der Verstand. »Alles unter Kontrolle!« Doch wenn eines sicher ist, dann dies: jede getroffene Entscheidung zeitigt entsprechende Folgen, auch wenn sich das manchmal erst nach Jahrzehnten offenbart.

Die Kausalkette wirkt unausweichlich, nicht nur in den Alltagsgeschehnissen des einzelnen Menschen, sondern auch in der Summe des die jeweilige Individualität umschließenden Organismus, sei es das Schicksal einer ganzen Nation, eines übergeordneten Kontinents – oder letztendlich global betrachtet: das Los der ganzen Welt. Einst erbebte der Meeresboden im Pazifik durch menschliche Hand (die letzten publik gewordenen Atomtests erfolgten 1996), jetzt erzittert er vor der Hand Gottes. GOTT IST LIEBE. Doch was der Mensch gesät hat, das muss er ernten: Tod und Zerstörung allerorten.

Die Warnung des Universalgenies Walter Russell schlug man lang genug nun in den Wind. Sein Wissen hielt einstweilen sich verborgen, und machte sich auch keine Sorgen: denn nie kann etwas, das dem Menschen hilft, verloren gehen. Es wird sichtbar, wenn wir reif dafür sind, es für wahr zu nehmen. Allmählich öffnen wir die Augen, jetzt, nach mehr als 50 Jahren. Russells kongeniale Abhandlung zum Wesen der Radioaktivität (PDF-Auszug) stammt aus dem Jahr 1957! Und sie lässt uns die Vorgänge, die nun Japan und uns Menschen auf der ganzen Erde erschüttern, in einem völlig neuen Licht sehen und begreifen.

Japan ist eine hochentwickelte Nation, vielleicht die am höchsten technisierte, mit der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt. Wohlstand prägte den Lebensalltag. Mehrere zehntausend Überhundertjährige beherbergt das Land. Doch der Mensch wird träge, wenn es ihm zu wohl in seiner Haut wird – ob in Ost oder in West, das ist sich gleich. Die Seele verkümmert, sie verschwendet ihre Lebenszeit für unwesentliche Dinge. So verbraucht sie sinnlos ihre Lebensenergie, die sie von der übergeordneten Macht im Universum zum Lernen und zur Entfaltung der ihr innewohnenden Werte erhalten hat. Allein nur das Ausmaß der materiellen Schäden solcher Naturschauspiele lässt erahnen, wie gewaltig das Energiedefizit sein muss, das sich ein Großteil der Menschheit aufgebürdet hat. Das Positive daran ist: wir können uns im Spiegel solcher Ereignisse in unserem eigenen Verhalten überprüfen und erkennen. Denn weder Gott, noch Jesus Christus, noch alle im Universum wirkenden Lebensgesetze wollen uns richten, sondern vielmehr unterrichten: das ist ein kleiner, aber feiner – nein, das ist ein gewaltiger Unterschied! Das Mittel, mit dem wir seelisch unterrichtet werden, ist die Tagesschule.

Gott ist eine liebende Macht, planend, helfend, heilend, seit Anbeginn seines Wirkens, bis in alle Ewigkeit. Japan zählt zu den seelisch fortgeschrittensten Nationen der Welt. Die Japaner haben, wie die Deutschen, nach dem zweiten Weltkrieg ganz von vorne anfangen müssen. Das macht die Menschen tapfer, dankbar, demütig und dennoch stark – zum leuchtenden Vorbild für alle anderen Nationen.

So heißt es wieder einmal neu beginnen, bei sich selber, Schritt für Schritt, ganz ohne irgendwelche Erwartungen. »Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt, und der uns hilft, zu leben . . .« Hermann Hesses Werk knüpfte ein geistiges Band zwischen der deutschen und der japanischen Seele. Und so stehen wir in unserem Denken, Fühlen und Handeln dem japanischen Volk viel näher, als wir es wahrhaben wollen. Vielleicht verstehen wir jetzt besser, dass alles, was geschieht, auch wenn wir es Katastrophe nennen, zum Geschenk wird, wenn wir es nur recht betrachten. Gott muss den Boden bereiten, aus dem die neue Erde und der neue Mensch hervorgehen kann. Und niemand kann uns besser unterweisen, auch wenn es Gott, dem Urquell allen Lebens, unendlich viel lieber wäre, auf derart dramatische Schulungsmaßnahmen verzichten zu können. Doch das liegt allein an uns, Gott fordert uns heraus: wir sollen seiner Weisung folgen. Und seine Weisung vernehmen wir, wenn wir auf seine Stimme – unsere Intuition – hören und sie zum alleinigen Maßstab unseres Handelns machen. Dann stehen wir in seiner Hand, und Schutz erfährt das ganze Land.

Was folgt daraus? Wir müssen uns entwickeln und verändern, zum Positiven hin, denn jeder Einzelne – Du und ich, alle formen wir das Schicksal dieser Welt!




• Sehen, was wirklich läuft •


Falleri und Fallera, Wasser ist zum Waschen da, doch zu was sind Augen da? Da brauchen wir nicht lang zu grübeln; klar: zum Sehn hat sie der Schöpfer konstruiert, ingeniös, ein Meisterwerk – doch hellsichtig sind wir deshalb noch lange nicht. Die Tagesschule grüßt, und erst mit ihr wird es vorm innern Auge licht.

Gestern wanderte ich hinauf zu den Schwarzwaldhöhen, zu einem typischen Waldhufendorf, das unter schwierigsten Bedingungen vor hunderten von Jahren entstand. Mitten im dornigen Urwaldgestrüpp, dem Lebensraum von furchteinflößenden Wisenten, hungrigen Bären und heulenden Wölfen sollte hier für die ersten Siedler ein neues Leben beginnen. Als Lehnwesen versprachen die Calwer Grafen demjenigen 30 Morgen Land, der bereit war, es zu roden und urbar zu machen. »30 Morgen!« Das bedeutete, dass man mit einem Ochsen 30 Vormittage pflügen musste, bis man wieder zur selben Stelle gelangte. »Fantastisch, die Aussicht auf so viel Land!« Ob er erahnte, was ihm bevorstand?

Die Ernüchterung erfolgte flugs an Ort und Stelle. Eine unvorstellbare Sisyphusarbeit stand denen bevor, die ihre Leibeigenschaft mit dem Dasein als freier Bauer vertauscht hatten. Nichts außer Dornen, Urwald, Fels und Stein. Der Boden karg, und stumpf die Axt: Verzweiflung ergriff selbst die Tapfersten und Mutigsten unter ihnen, und im Nu waren all ihre Lebenskräfte aufgezehrt. Wenn dann die Söhne ihre Väter zu Grabe trugen, so klang es trutzig über Wald und Feld:

»Den Ersten der Tod!
 
Den Zweiten die Not!
 
Den Dritten das Brot.«

Ich war sehr dankbar für die in Felsblöcke eingelassenen Schautafeln, die die Historie der Schwarzwaldbesiedlung lebendig machen, denn sie gaben mir „mein” Geschenk des Tages mit auf den Weg: „Man sieht nur, was man weiß!”. Und tatsächlich sah ich nun die Welt der mittelalterlichen Schwarzwaldsiedler mit ganz anderen Augen. Auch kann ich jetzt das nächste Mal den Menschen, die heute noch die Felder ihrer Vorfahren bestellen, mit viel größerer Ehrfurcht begegnen – wie beispielsweise dem Bio-Bauern, der jeden Mittwoch- und Samstagvormittag seine Kartoffeln auf dem Markt anbietet – das ganze Jahr hindurch, bei Regen, Schnee, stürmischem Wind und Eiseskälte. »Dankeschön!« Wir werden noch die Mühe solcher Menschen sehr viel mehr zu schätzen wissen – das kommende Jahr wird uns hierfür die Augen öffnen.

Man sieht nur, was man weiß!

Das verhält sich mit der Tagesschule nicht anders. Wissen geht verloren, wenn es nicht unterricht wird. Deshalb hat sich im 19. Jahrhundert letztendlich die gesetzliche Schulpflicht durchgesetzt. Ein langer Weg seit Martin Luthers Schrift „An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen” (1524).

Schulen, in denen die Tagesschule unterrichtet wird, gibt es noch nicht. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und da jede lernende Seele ihre Tagesschule erlebt – ungeacht dessen, ob sie sich bereits die Fähigkeit dazu erworben hat, sie sich auch bewusst zu machen – muss das dazu notwendige Rüstzeug vermittelt werden, um diesen Bewusstseinswerdungsprozess bei mehr und mehr Menschen, die dabei sind, aus dem Dämmerschlaf ihrer Seele zu erwachen, in Gang zu setzen. Ein langwieriges Unterfangen, das sich jedoch lohnt. Warum? Weil Tagesschule erkennen gleich Sich erkennen heißt. Und Sich vollkommen zu erkennen, in allen Stärken und Schwächen, das ist die grundlegende Voraussetzung dafür, sich zum wahren Leben emporzuschwingen: ein Leben im Geist unseres Schöpfers, der, wie Martin Luther sich ausdrückte, „… ein glühender Backofen voller Liebe…” ist, „…der da von der Erde bis an den Himmel reicht…” (aus der 7. Invocavit-Predigt zur Zeit der Wittenberger Wirren im Jahr 1522).

(K)ein Tag wie jeder andere!

Rückblende, Samstag, den 22. Januar: Wir klinken uns bereits am Vorabend in die Kausalkette ein, es ist Freitagabend.

Diese Zahl interessiert mich, und ich studiere den Kassenbon, was ich eigentlich eher selten mache. Ich sehe, was da alles steht, und rechne zusammen, und da stimmt alles, aber ein Posten hier, da steht Mango: 0,89 €, und ich habe keine Mango gekauft! Ich hab eine Papaya gekauft. Und dann, ich erschrecke, weil ich mich erinnere: die Papaya hat mehr als 89 Cent gekostet. Nach einigem Überlegen und Nachprüfen gehe ich zur Infothek, und spreche die Angestellte an, dass ich wahrscheinlich zu wenig bezahlt habe. Nun, sie kann es kaum glauben, dass da ein Kunde kommt, und sagt, er glaube, dass er zu wenig bezahlt hat. Und ein anderer, ein junger Mann, steht da, er öffnet den Mund. Und lässt den Mund geöffnet, und macht ihn nicht mehr zu. Wenig später kommt ein Mann hinzu, sein Vater. Es ist der Taxifahrer, der mich am Abend zuvor den Berg hinaufgefahren hat. Natürlich, solch ein Zufall . . . was einem alles zufällt, den lieben langen Tag!

Gut, also, wir klären die Sache, und ich bezahle noch einen Euro zehn, als Aufpreis für die Papaya, von Mango zu Papaya. Und dann bietet mir die Dame von der Infothek – das ist doch verrückt – bezahlt man einen Euro zehn – und dann bietet sie mir eine Schokoladentafel an! Als nette Geste möchte sie mir das überreichen. Die Geste in Ehren, aber nein, ich möchte keine Schokolade mit 75% Weißzucker und synthetischen Aromastoffen drin (Vanillin!) – ich möchte meinen Körper nicht kaputtmachen. Ich lehne die Schokolade ab, aber freundlich (das war eine Prüfung im Nein-sagen-können, also eine klassische Mutprüfung; und solch eine Mutprüfung zu bestehen, fällt spielend leicht, wenn man sich um mehr Ehrlichkeit bemüht). Hochinteressant ist der Betrag, den ich zu bezahlen hatte: 27 Euro 44 Cent. Wenn man nur verstehen könnte, was da alles in der Tagesschule läuft!

Was sagen uns diese Zahlen? Also, die zwei und die sieben, das ist privat, das sind meine Zahlen, aber die 44, das hat seine besondere Bewandnis. Diese Zahl steht für die 44 Hauptbereiche, in denen die Seele täglich lernt. Das heißt, wenn sich ein Mensch entscheidet, die 44 Hauptschwingungsbänder seiner Seele zu bearbeiten, sie zu verbessern und zu reparieren – denn bei nahezu allen Menschen sind sie durch Fehlentscheidungen verletzt – dann bekommt man jeden Tag Prüfungen, mit deren Hilfe man das tun kann. Wenn Du Dir also von Herzen wünschst, ehrlicher zu werden, dann bekommst Du spezielle Prüfungen in Ehrlichkeit, so wie diese hier mit der falsch eingetippten Mango, wo man Papaya gekauft hat, und für sie zu wenig bezahlt hat. »Bin ich gerne bereit, den Aufpreis zu bezahlen?«

Dieser Ehrlichkeitsprüfung gingen andere voraus, ein Beispiel: ich benötigte auch noch Büropapier, und hatte zwei Möglichkeiten

Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich das eine als ausländische Importware, das andere als deutsches Markenprodukt, und ich hielt beide in der Hand. Beim teureren hatte ich ein besseres Gefühl, und also nahm ich es auch. Das sind typische Ehrlichkeitsprüfungen. Es ist ehrlich, seinen Gefühlen und seinem Gewissen zu folgen – und nicht seinem Verstand, der sagt: »Sei nicht so dumm, und nimm das günstigere, das tut’s auch!« Wer solch eine Ehrlichkeitsprüfung erkennt und besteht, verbessert nicht nur das wichtigste Schwingungsband seiner Seele, das der Ehrlichkeit, sondern auch zahlreiche andere wie beispielsweise

Und dann, als ich den Aufpreis bezahlt hatte, radle ich frohgemut nach Hause, und ich empfinde nicht mehr, dass der Betrag von 27 Euro 44 für diesen Einkauf teuer war. »Nein, es war ein Euro zehn zu wenig, und ich habe die Cherimoyas. Gut, sie haben einen Euro 79 Cent pro Stück gekostet, aber sie sind hundert mal so viel wert.« Es ist die intelligenteste Frucht, die es auf diesem Planeten gibt; sie haben den Zucker fürs Gehirn, um wach genug zu sein, seine Prüfungen zu erkennen und zu bestehen.

Ich komme spät nach Hause, und es wird sehr knapp mit der Theatervorstellung, weil sie in einem anderen Ort, und dazu noch hoch oben am Berg, auf der gegenüberliegenden Talseite, stattfindet. Ich setze das Abendessen auf, richte mir einen Nachtisch für die Theaterpause, und dann muss es Schlag auf Schlag gehen. Eigentlich wollte ich zu Fuß gehen, aber ich würde gravierend zu spät kommen. »Sollte ich überhaupt noch gehen?« Meine Intuition sagt ja, und ich hatte eine solche Vorfreude! Also nehme ich notgedrungen das Rad, um einige Minuten einzusparen. Hetze mag ich überhaupt nicht, und das Universum auch nicht. Und so schließen sich passgenau die Schranken, just in dem Moment, als ich mich der Bahnlinie, die ich überqueren muss, nähere. Die Ampel steht auf Rot (siehe Artikel Symbole, Ampel). »Verflixt und zugenäht!«

Solch eine Tagesschule kann man leicht verstehen: man ist zu knapp in der Zeit, und die Schranken sind unten, die Ampel springt auf Rot. Es dauert und dauert, und noch immer ist kein Zug zu sehen. Da ruft jemand hinter mir (es ist schon längst dunkel): »Sie, ihr Rücklicht ist kaum zu sehen, weil die Plastiktüte drüber hängt!« Ich drehe mich um, und bedanke mich bei der Frau, die die Fensterscheibe ihres Wagens heruntergekurbelt hat, für den Hinweis. In meiner Not frage ich: »Sie fahren nicht zufällig nach Unterlengenhardt?«»Doch.«»Gehen Sie ins Theater?«»Ja.«»Nehmen Sie mich mit?«»Ja!« Ich fass es nicht. Heute ist mein Glückstag.

Nein, das ist kein Glückstag, das ist Tagesschule! Das ist eine Belohnung für die bestandenen Ehrlichkeitsprüfungen. Ich stelle mein Rad ab, und die Frau und der Mann nehmen mich mit, und wir kommen noch pünktlich zur Aufführung! Wer hätte das gedacht? Der Abend war sehr schön, und ich genoß ihn voll und ganz – es war schließlich mein erster Theaterbesuch seit vielen Jahren. Und was stand auf dem Programm?

Das Leben in all seinen Facetten. Die beiden Schauspielerinnen vom (Duo Mirabelle) ließen uns Betrachter erahnen, dass es ein Leben vor und hinter den Kulissen gibt, und dass es sich lohnt, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Neugierig geworden? Dann hilft nur eines – der tägliche Wunsch: Ich möchte sehen, was wirklich läuft! Ich möchte meine Tagesschule erkennen!




• Die Zeit der Vorbereitung •


„Wo – chen – end und Son – nen -schein,
und ich bin mit mir al – lein,
di – dl – tra – la – la – la – la – la – la,
Wo – chen – end und Son – nen -schein!”

„Der Himmel ist trübe, der Himmel ist grau,
wo bist du, du sonnendurchflutetes Blau?
Wir haben dich lange schon nimmer gesehn,
kein Vöglein mag singen, kein Lüftlein mag wehn.”

So dachte ich, fröstelnd, am Samstagmorgen – ein typischer Wintertag eben. Ausgehungert nach Sonne und Wärme, nach Licht und nach Farben, so wächst sie im Nu, die Dankbarkeit. Wie schön, dass es Badewannen gibt! Und warmes Wasser aus dem Hahn. Winterzeit ist Badezeit. Ein Bad tut gut, nicht nur dem Körper, es entspannt den Geist und streichelt unsre Seele. »Schließ die Augen, ruhe sanft!« So schön war’s sonst nur im Mutterbauch.

Jetzt gibt es sie, die Sonnenkraft, gespeichert in Orangen und Zitronen, gewachsen an den Hängen des Vulkans: noch atmet seine Majestät, der Ätna, gleichmäßig wie in tiefem Schlaf. Tarocco nennt sich jene Sorte, an der sich schon der gute Friedrich, seines Zeichens Herrscher des Heiligen Römischen Reiches, als Kind erfreut hatte – denn Friedrich der Zweite wuchs nicht auf der Stammburg der Staufer im Schwäbischen auf, sondern in Palermo, der Hauptstadt Siziliens. Seit Friedrichs Tod – und der darauffolgenden kaiserlosen Interregnumszeit – glaubt das Volk noch immer, dass er im Ätna schläft. »Gar manches Mal die Erde bebt, wenn Friedrich seine Glieder hebt.« Doch was wird erst geschehn, wenn er erwacht!

Nun gut, so tat ich’s also Friedrich nach, und wärmte mich am Sonnenfeuer der Orangen, und siehe da: was mir der Samstag wohl verwehrt, das hat der Sonntag umgekehrt – der Sonntag machet seinem Namen Ehre, ein Sonnentag ward es, azurnes Blau am Firmament.

Sonne sei willkommen! Selbst bei Eiseskälte ist jeder Sonnenstrahl auf der Haut eine belebende Nahrung (Vitamin D; Alternative: Lebertran).

Vergeben und vergessen sind sie nun, die trüben Gedanken des Vortags – und umso klarer zeichnet die Natur die Landschaft in das weite Blau des Himmel; in den glitzerndweißen Schnee. Wie Topas, Beryll und Chrysolith, wie Smaragd, Jaspis, und Amethyst funkeln die Schneekristalle im Vorübergehen; bei jedem Schritte knirscht und knarzt der Schnee – es ist das einzig wahrnehmbare Geräusch an diesem verheißungsvollen Morgen, das Pochen meines Blutes einmal ausgenommen. Ich liebe diese Stille; entrückt ist man der Welt, und näher bin ich Dir, Gott, Schöpfer dieser Herrlichkeit und Pracht. Tief aus dem Tale steigt das Glockengeläut empor; es ruft Menschen zusammen, um Gottes Wort zu hören. »Gottes Wort!« Es spricht zu uns an jedem Ort – doch stille werden müssen wir, um es auch deutlich wahrzunehmen. »Die Kristalle!«»Das Neue Jerusalem!« Da sind sie wieder, die 12 Edelsteine der Apokalypse, wie sie dem Evangelisten Johannes offenbart wurden. Chalzedon und Carneol, Sardonyx und Chrysopras, Hyazinth und Saphir: jetzt sind sie alle aufgezählt, und wie die zwölf Apostel stehen sie in typischer Gebärdensprache hinter Glas: ja, in der Tat! Dort gegenüber auf der anderen Talseite, hoch droben am Berghang, beherbergt die anthroposophische Paracelsusklinik ein Schatzkästlein mit Mineralien und Edelsteinen. Mit heißen Ohren las ich dort, vor dem unscheinbaren Schränckchen sitzend, in den Bänden zur Edelsteinkunde, und regelmäßig gehe ich wieder hin, um die Schwingungen in meinem Körper aufzufrischen. Welch ein Geschenk ist dieses Haus! Es ist ein Haus mit offenen Türen, und ungehindert geht man ein und aus. So bauen diese Menschen hier mit Liebe und Vertrauen an einer neuen Welt.

Was wird die Zukunft bringen? Das Alte muss dem Neuen weichen; die Zeit rückt unaufhaltsam näher, wo alle Sicherheiten, die sich auf menschliche Klugheit stützen, sich als trügerisch erweisen werden. Die Felsen, die allein der Brandung widerstehen können, sind die Werte, die wir bis dahin in unserer Seele entwickelt haben werden; allen voran Mut, Gottvertrauen, Dankbarkeit, Ehrlichkeit, Selbstlosigkeit, Hilfsbereitschaft den Richtigen gegenüber, und das Fundament an Gesundheit, über das unser Körper, sofern wir fleißig waren, verfügen darf. So lässt sich dann die Zeit des Mangels und der Entbehrung besser überstehen. Was genau geschehen wird, das wissen wir nicht. Doch dass etwas geschehen wird, das spüren tausende von Menschen.

Der Weg, den ich gehe, führt mich zur Hochebene hinauf. »Sieh da, eine ganze Herde Schafe!«

Hunger kennt unsere Generation noch nicht. Die Folge: wer satt ist, wird in der Regel zu träge, um tiefe innere Dankbarkeit empfinden zu können.

Während ich in die Sonne blinzle, beobachte ich die Tiere, wie sie mit ihren Hufen den gefrorenen Boden aufscharren, um an die Wurzeln der Gräser zu kommen. Beharrlich verrichten sie ihre Arbeit, die Jungtiere stehen an Fleiß den Älteren kaum nach. »Wahrlich, ein bescheidenes Mahl!« Ich kann nur staunen. So genügsam bin ich nicht. Kennt ihr den Traum des Pharao, der ihm von Joseph ausgedeutet wird?

Besser ist es, sich schon jetzt in Dankbarkeit zu üben, und nichts, aber auch gar nichts, als selbstverständlich hinzunehmen. Es ist eine gute Übung, einmal so zu essen – bewusst, mit Freude und Hingabe – als wäre es die letzte Mahlzeit; so, dass man den Geruch und den Geschmack der Speisen wie die Farbe und die Konsistenz der Zutaten präzise mit Worten wiederzugeben imstande ist. Wie schmeckt denn eigentlich Meersalz? Und wie das vollmundige Olivenöl? Und der im Eichenholzfass gereifte Balsamico? Und wie ein Blatt von Feldsalat, unangemacht? Mmmmmh, mir läuft schon jetzt das Wasser im Mund zusammen. Einstweilen bin ich froh, dass ich noch alles im Haus habe. Ich muss zurück. Zeit fürs Mittagessen . . .

Köstlich war es. Gemüseeintopf mit dicken weißen Bohnenkernen. Nein, das war nicht meine Henkersmahlzeit – ganz im Gegenteil – und ich will hier auch keine Ängste schüren. Die Welt wird nicht untergehen, doch sie wird sich – und die Menschen in ihr – verändern müssen. In diesen Veränderungen liegt eine unglaubliche Chance für unser persönliches Wachsen und Gedeihen – eine Chance zur Entfaltung unserer seelischen Werte – und das ist es, was wir, voll Zuversicht und Dankbarkeit im Herzen, klar erkennen sollten. Gott, der Schöpfer, hat sich unvorstellbare Mühe gegeben, uns zu erschaffen, und uns eine interessante Entwicklungsebene zur Verfügung zu stellen, so dass wir an unseren Fundamenten bauen können. Wir nennen diese Entwicklungsebene die Erde, und sie ist wirklich wunderschön.

Der Tag neigt sich zu Ende, die Sonne legt sich schlafen. Ein tiefer Friede breitet sich über das Tal, dessen Konturen mehr und mehr verblassen. Hierher hat mich Gott gestellt, und so schlag ich fleißig Wurzeln. Und Du, hast Du Deinen Platz bereits gefunden?




• Die Geschichte mit der Acht, Teil II •


Zum besseren Verständnis des nun folgenden empfiehlt es sich, zuerst Teil I dieser Abhandlung (• Die Geschichte mit der Acht, Teil I •) zu studieren.

rau ist alle Theorie, erinnern wir uns. . . doch nun zur Praxis. Ohne Übung geht es nicht, und Meister fallen für gewöhnlich nicht vom Himmel; ganz im Gegenteil, sie gehn getreu den umgekehrten Weg, der naturgemäß sehr viel beschwerlicher ist. Die Spirale aus Teil I grüßt stumm und lächelnd uns zurück, auch wenn sie ungerührt – doch um so mehr vollkommen unbeirrt – den ehernen Gesetzen, die sie schufen, folgt.

Dess sollten wir auch uns befleißigen, an jedem neuen Tag:

dem Lauf des Lebens

Die Helix - die dreidimensionale Spirale unserer Seele.

achtsam folgen, um mit des Kindes Neugierde den Dingen, die um uns herum – und was doch noch viel wichtiger ist – in unsrer Innenwelt geschehen, auf den Grund zu gehen; denn alles hier hat seinen Grund, und jede Wirkung seine Ursache!

Rudolf Steiner (1861 – 1925), dessen unkonventionellen Erkenntnisse und darauf aufbauenden Empfehlungen für viele Zeitgenossen damals, vor nunmehr rund einhundert Jahen, „Steine des Anstoßes” waren, hat das wachsame Beobachten der alltäglichen Kausalkette klar und prägnant als Übungsweg zur geistig-spirituellen Schulung empfohlen. In Steiners Begrifflichkeit stärkt dieser Übungsweg das „Freiwerden des Ätherleibs” (Ätherleib == Aura). Das Üben selbst erfordert drei zusammenhängende Schritte (nach Rudolf Steiners Ausführungen zum Thema der „Imagination”):

  1. Den Dingen der äußeren, physischen Welt (Vorgänge, Menschen, Erscheinungen) so genau wie irgend möglich auf den Gund gehen.
  2. Sich ganz den in der Seele aufsteigenden Gedanken, Gefühlen, und vor allem Bildern hingeben.
  3. Die inneren Bilder in scharf konturierte Begriffe fassen.

»Voilà, da ham’ wir sie!«
 
Die Tagesschule . . . sehen, was läuft!
 
»Tagesschule wach erkennen,
Prüfungen beim Namen nennen,
Spieglein, Spieglein in der Hand . . . 

. . . hast Du heute Dich erkannt?«

Auch wenn der Begriff der „Tagesschule” unserer heutigen Zeit entnommen ist, so lässt er sich doch kaum treffender umschreiben, als Rudolf Steiner es in obigen drei Punkten getan hat. Rudolf Steiner brachte mühsam Stein um Stein ins Rollen – doch erst heute, hundert Jahre später, erwacht im Bewusstsein vieler Menschen das Bedürfnis geistig-seelischer Schulung. Der Boden ist bereitet, und wenn auch alle Übergänge in der geistigen Entwicklung der Menschheit fließend verlaufen, so markiert das Jahr „2012” hier einen Neubeginn.

Eine unserer wesentlichsten Aufgaben in dem erwachenden „spirituellen” Jahrtausend ist es, den Begriff der „Tagesschule” (un)endlich tausendfach zu prägen, und ihn mit allen Facetten des Lebens zu füllen – denn das gesamte Universum investiert sehr viel Energie in die Tagesschule derjenigen Menschen, die sich seelisch entfalten wollen. Das Forum Tagesschule . . . sehen, was läuft! (im Aufbau) soll in den kommenden Jahrzehnten diese Menschen zu gemeinsamem Lernen und seelischem Austausch zusammenführen.

»Willst Du ein Tagesschüler werden, was ist zu tun, konkret, auf Erden?«

Da wir seelische Entwicklungsprozesse im allgemeinen nicht unmittelbar erfassen können, ist es sinnvoll, uns für jeden Tag ein seelisches Thema vorzunehmen, das uns bei allem, was an äußeren Erlebnissen und Gedanken den Tag über auf uns einströmt, begleitet. Ich habe mir zu diesem Zweck 44 Kärtchen angelegt, auf denen jeweils ein Schwingungsband der Seele steht. Am Abend, wenn der neue Tag schon längst bereitet ist, mische ich den Stapel durch, und ziehe ein Kärtchen. »Oho! Liebevoll sein! – Na, da kann ich ja mal gespannt sein . . . « Wer mag, kann sich das Kärtchen unter das Kopfkissen legen :wink: .

Die Nacht ist vorüber. Ich sammle meine Gedanken. Was steht an? Was sind meine Wünsche für den Tag? »Liebevoll sein!« Ich möchte mehr darüber lernen, und mich in meiner Tagesschule erkennen.

Solch ein Tag ist schnell vorbei – eine Kreisumrundung auf der Spirale, die dem Licht entgegenführt. Mannigfache Lernanreize, Denkanstöße und Prüfungen verbergen sich in ihm, denn jeder Tag wird für uns individuell mit unvorstellbarer Präzision und Sorgfalt geplant. Wenn ich dann abends den vergangenen Tag wie einen Film noch einmal an mir vorüberziehen lasse, so hat das Bild, das ich von mir selber habe, ein klein wenig schärfere Konturen bekommen – und ist nicht mehr ganz so verzerrt wie gestern noch. Doch das Schönste daran ist: mit meinen 44 Karten weiß ich ganz genau, was ich gelernt, und wo ich mich verbessert habe. Heute war es „liebevoll sein”, und morgen? Jeden Tag ein anderes Thema. Du hast die Wahl! Jeden Tag ein anderes Schwingungsband, das sich verbessert und mehr Energie bekommt. Die Aura wird harmonischer; sie intensiviert sich und beginnt zu strahlen. Einzig Lernen macht meine Seele glücklich, das habe ich inzwischen begriffen, auch wenn es manchmal weh tut. Wir wissen es: „Steter Tropfen höhlt den Stein, bis der Kern wird sichtbar sein.”

Ergo: erinnern wir uns an den Titel dieses Beitrags – „Die Geschichte mit der Acht” – achtsam die Schule des Tages beobachten, achtsam mit sich selbst und seinem Körper sein – das ist die eine Seite der ominösen „8”. Die andere Seite erschließt sich uns erst, wenn wir uns bemühen, diese „8”-samkeit beständig in die Tat umzusetzen, und unsere Tagesschule erkennen. Die „8” wird wendig, und neigt sich, bei entsprechender Wunschkraft, mehr und mehr in die Horizontale! So wird aus der gewöhnlichen „8” die geheimnisvoll liegende „∞”, das mathematische Symbol der Unendlichkeit.


 
Chorus Mysticus
 
»Ewig schwingend,
sich umschlingend,
schließt die Seele
Band um Band.«
 
~»Was getrennt war,~
~unvereinbar,~
nahmst Du achtsam
an die Hand.«
 
»Neugeboren!
Auserkoren!
Tritt herein,
in heilges Land . . . «
 
» . . . denn nun geht
nie mehr verloren,
was einst nur
auf Zeit bestand.«

Wir werden niemals an ein Ende gelangen, wenn wir uns dafür entscheiden, seelisch zu lernen. Keine Angst! Langweilig wird es auch nie sein – denn das Erforschen kausaler Zusammenhänge erfüllt uns mit dauerhafter Freude. Es verbessert unsere seelische Intelligenz, und Hand in Hand damit schwingt unsere Seele mit mehr Energie, weil sie ständig etwas Neues dazu lernt. Bemühen wir uns um die beschriebene Art der Seelenschau, so wird jeder Tag, den wir erleben dürfen, zu einem Mosaiksteinchen im Spiegelbild unserer Persönlichkeit, bis wir uns eines Tages vollständig erkannt haben – und erst dann werden wir sein, wer wir in Wahrheit sind.

»Kausalität statt Banalität!«»Erkenne Dich!«

Lass die oberflächlichen Ablenkungen des Lebens hinter Dir, und tauche in die unbekannten Tiefen Deines Daseins ein! Das Licht, nach dem Du Dich so sehnst, wird Dich auch auf dem tiefsten Grund, in Finsternis und Dunkelheit noch sicher führen, bis endlich jene Lebensfluten, die kraftvoll Dir entgegenströmten, alles Grobe, Gemeine, und Verletzende von Deiner Seele abgewaschen haben. »Weiter! Immer der Quelle zu!« Nur so bereitest Du in Dir den Boden, auf dem dauerhafte Freude und – mit viel Geduld und Tapferkeit – die Fähigkeit zu echter, seelischer Liebe heranwachsen dürfen.