• Palmsonntag •


Einstimmung zur Karwoche

Erinnern wir uns an das Geschehen vom Palmsonntag? Das ist lange her, zugegeben. Zur Erinnerung: da zieht ein König in die Hauptstadt ein, wie ihn Jerusalem noch nie gesehen hat. Doch weder hoch zu Ross, noch weich gepolstert in einer gepanzerten Staatskarosse, wie es heutzutage üblich ist. Nein, der König kömmt daher auf einem jungen Esel, Palmzweige in der Hand. Solchem Thron folgt Spott, folgt Hohn. Auch folgen ihm einige Frauen und Männer aus dem Volk. „Hosianna, Sohn Davids!” – so rufen sie. Die Jünger fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut. Ob das wohl gut gehen wird? Die Menge staunt . . . und raunt sich hinter vorgehaltener Hand zu: „kommt so der König der Juden?”

Und Jesus, der Christus?

Er spürt, was ihm bevorsteht: Erniedrigung, Einsamkeit und Verzweiflung. Barbarische Grausamkeiten, von Mensch zu Mensch. Mensch, erkennst Du Deinen Bruder nicht? Unaufhörlich hat er die Saat der Liebe ausgebracht. Hat gepredigt, erklärt, ermahnt: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!”

Er kam zu früh. Die damaligen Menschen konnten seine Worte nicht begreifen. Sie waren noch nicht bereit für die Botschaft der allumfassenden Liebe. Sie kannten nur Furcht und Angst, Sünde, Hass und Zorn. Und so war auch ihr Gott, den sie sich als ihr Spiegelbild erschufen, strafend und fürchterlich gerecht, fern und hoch erhoben, weit weit weg von ihnen. Sie versuchten, ihn durch Blutopfer gnädig zu stimmen. Ein Gott der Liebe? Fehlanzeige. Jesus Christus, Sohn Gottes, so wurde und wird der Nazarener seit seiner Kreuzigung und Auferstehung von den Menschen genannt. Und uns, wie hat man uns genannt? Wir haben selbst uns etikettiert, als kleine, elende Sünder, nicht würdig und nicht recht, vor Gottes Angesicht zu treten. Jahrhunderte lang, bis heute. Leute, Leute! Oder, besser noch: Kinder, Kinder – denn ihr kennt euren Vater nicht.

Ihr alle seid Söhne und Töchter des Höchsten. Ihr alle seid Erweiterungen aus dem all-einen Licht Gottes, auch wenn ihr das möglicherweise erst noch entdecken müsst. Ob ihr es wahrhaben wollt oder nicht, Gott ist eurer aller Mitte, und ohne seine Kraft könntet ihr nicht einmal euren kleinen Finger bewegen. Jesus Christus wusste darum. Deshalb konnte er auch aus tiefstem Herzen sagen: „Ich und mein Vater sind eins. Das, was ich tue, werdet ihr auch tun, und noch mehr!” Wir alle sind eins. Unauflöslich miteinander verwoben. Dienet dem Ganzen, so dient euch das Ganze!

Jesus, der Christus, hat in vollkommener Weise dem Ganzen gedient, und er wird es immer wieder tun. Er hat die Botschaft der Liebe tief in die Herzen der Menschen gesenkt, und er war der Erste, der dies so allumfassend und bis zur bittersten persönlichen Konsequenz getan hat. Seine Saat beginnt nun langsam aufzugehen. Sie hat sich bis heute in unglaublicher Weise durch alle Nationen hindurch vervielfacht, und sie tut es noch immer, auch in den Problemzonen dieser Welt.

Gerade die Karwoche gibt uns Gelegenheit, uns mit Jesus Christus, unserem Bruder und Meister, zu vereinen. Suchen wir das Schweigen der Stille, wie er es über alles liebt, und lauschen auf das leise Flüstern in unserer Seele, das uns Weisung und Gebot ist – und uns durch alle Einsamkeit und Irrungen der Welt hindurch zum Lichte führt.




• Die Zügel aus der Hand geben •


oder:

Zauberlehrlinge sind wir!

Hat der alte Hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort und Werke
merkt ich und den Brauch,
und mit Geistesstärke
tu ich Wunder auch.

Walle, walle
manche Strecke,
dass zum Zwecke
Wasser fließe

und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße!
 
Und nun komm, du alter Besen!
Nimm die schlechten Lumpenhüllen!
Bist schon lange Knecht gewesen;
nun erfülle meinen Willen!
Auf zwei Beinen stehe,
oben sei ein Kopf,
eile nun und gehe
mit dem Wassertopf!

Walle, walle
manche Strecke,
dass zum Zwecke
Wasser fließe

und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße!
 
Seht, er läuft zum Ufer nieder -
wahrlich, ist schon an dem Flusse,
und mit Blitzesschnelle wieder
ist er hier mit raschem Gusse.
Schon zum zweiten Male!
Wie das Becken schwillt!
Wie sich jede Schale
voll mit Wasser füllt!

Stehe! stehe!
Denn wir haben
deiner Gaben
vollgemessen! -

Ach, ich merk’ es! Wehe! wehe!
Hab’ ich doch das Wort vergessen!
 
Ach, das Wort, worauf am Ende
er das wird, was er gewesen!
Ach, er läuft und bringt behende!
Wärst du doch der alte Besen!
Immer neue Güsse
bringt er schnell herein,
ach, und hundert Flüsse
stürzen auf mich ein!

Nein, nicht länger
kann ich’s lassen,
will ihn fassen.
Das ist Tücke!

Ach, nun wird mir immer bänger!
Welche Miene! welche Blicke!
O du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh’ ich über jede Schwelle
doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
steh doch wieder still!

Willst’s am Ende
gar nicht lassen?
Will dich fassen,
will dich halten

und das alte Holz behende
mit dem scharfen Beile spalten.
 
Seht, da kommt er schleppend wieder!
Wie ich mich nur auf dich werfe,
gleich, o Kobold, liegst du nieder!
Krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich, brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!
Und nun kann ich hoffen,
und ich atme frei!

Wehe! wehe!
Beide Teile
stehn in Eile
schon als Knechte

völlig fertig in die Höhe!
Helft mir, ach, ihr hohen Mächte!
 
Und sie laufen! Nass und nässer
wird’s im Saal und auf den Stufen.
Welch entsetzliches Gewässer!
Herr und Meister, hör mich rufen! –
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister,
werd’ ich nun nicht los.

»In die Ecke,
Besen, Besen!
Seid’s gewesen.
Denn als Geister

ruft euch nur zu diesem Zwecke
erst hervor der alte Meister.«

Der Zauberlehrling,
Johann Wolfgang von Goethe

Harry Potter, der Zauberlehrling, ist sicherlich der berühmteste Junge der Welt. Joanne Kathleen Rowling hatte ihn im Jahr 1995 zur Welt gebracht, und sie löste damit eine Welle der Begeisterung aus, die sie zur erfolgreichsten Schriftstellerin der Menschheitsgeschichte emporhob. Nur mit der Kraft und der Magie des Geistes neue Realitäten zu erschaffen, das ist es doch, was uns seit jeher fasziniert.

Doch nicht nur Harry Potter, alle Zauberlehrlinge müssen erst einmal gründlich in Erfahrung bringen, wie die Kraft des Geistes zu gebrauchen ist. Aus Spiel wird Ernst, wenn Unvernunft frei walten kann. Wer Walt Disneys Meisterwerk „Fantasia” aus dem Jahr 1940 kennt, dem werden sich die Bilder unauslöschlich eingeprägt haben, wie Micky Maus als Zauberlehrling verzweifelt versucht, den Geistern Einhalt zu gebieten, die er ohn’ Erlaubnis rief (im Zeichentrickfilm als eingebettete Episode auf die berühmte Musik von Paul Dukas). »Lasst ab, ihr Geister, hört ihr mich?«

»Natürlich hören sie dich, welche Frage!« Sie warten nur darauf, dass wir mit ihnen sprechen, sie bitten und um Rat befragen. Doch nicht, nachdem wir gehandelt haben, sondern bereits davor. »Genau das ist es, was uns plagt – wenn ich was tu’, hab’ ich gefragt?«»Das Leben hält uns eh so klein, wie wär’s, einmal der Herr zu sein?« Das wäre an sich kein Problem, wenn wir mehr Demut uns erwerben könnten.

Demut heißt, die Zügel aus der Hand zu geben. Heutzutage werden sich, vor allem in den fortgeschrittenen D-A-CH-Ländern, mehr und mehr Menschen bewusst, wer und was sie eigentlich sind: Geschöpfe einer allmächtigen Geisteskraft (die man uns Abendländer GOTT zu nennen gelehrt hat), die uns als unbegrenzt entwicklungsfähige Individualitäten nach ihrem eigenen Bauplan entworfen und ins Leben gerufen hat; Zauberlehrlinge sind wir mithin, mit der Aufgabe, hier auf der Erde die Bedingungen für ein ewiges Leben zu meistern: erst dann beginnen wir, den Zauber wahrer, seelischer Liebe zu erfassen und zu vermehren. Als Zaubergesellen folgen wir sodann dem Weg der Meister, die uns vorangegangen sind. Jesus Christus ist ein solcher Meister, der bereits vor langer, langer Zeit schon durch seine Meisterprüfungen hindurchgegangen ist. Was Wunder also, dass Jesus zum Symbol der Demut geworden ist – zu Recht! Denn niemand kommt ihm gleich.

Viele Wege führen nach Rom

»Sieh dich für!« Nur ein Weg führt zur Wahrheit.

»Wo geht es lang?« Wir wissen’s nicht. Und ohne Führung sind wir vollkommen verloren. Wenn wir etwas aus den Geschehnissen von Fukushima lernen können, dann ist es das: wenn unser ICH entscheidet, irren wir. Das gilt im Kleinen wie im Großen, in unserer individuellen Tagesschule wie auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Die bis zum Ende des vergangenen Jahrtausends überwiegend im unbewussten Tagtraum gefangene Menschheit lebte nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum. Doch jetzt, da die Menschen langsam erwachen, und ihr Potenzial zu erahnen beginnen, ist dieses Prinzip gefährlich geworden. Denn gerade die Verstandeskräfte verleiten uns dazu, uns unsrer Kraft zu rühmen, und in der Folge eigenmächtig zu handeln. Deshalb müssen wir das Prinzip von Versuch und Irrtum in der richtigen Reihenfolge erweitern: Bitten, Fragen, Versuch, Erkenntnis!

Die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, und entsprechende Konsequenzen zu ziehen – auch wenn sie unbequem sind – ist ein Anzeichen von Selbstlosigkeit und Demut.

Holzspaltung oder Atomspaltung? Die Intuition weiß die richtige Antwort, bevor wir eine Entscheidung treffen.

Dass wir uns nun in Deutschland innerhalb weniger Jahre von der Atomkraft verabschieden, zeigt auf, dass dieses erweiterte Lebensprinzip von Bitten, Fragen, Versuch und Erkenntnis mehr und mehr auf fruchtbaren Boden fällt. »Ein mutiges Zeichen, das Hoffnung macht!«

Irren ist menschlich. Führung ist göttlich. Sturheit ist tödlich.

Das Festhalten an Prinzipien, Mechanismen, Denkgewohnheiten und Verhaltensweisen, die sich als trügerisch und riskant erwiesen haben, verhindert die Höherentwicklung allen Lebens, und damit die Entfaltung des Universums. Deshalb kann Sturheit nicht bleiben; sie muss gebrochen werden, wie nun in Japan. Und so paradox es zunächst auch klingen mag: wenn Sturheit bricht, erstarkt das Rückgrat; der Mensch geht hernach aufrechter als je zuvor, wie ein Phönix, der aus der Asche steigt.

Nun werdet groß! – und klein zugleich. Die Allmacht wird euch immer führen; führen müssen. Sie ist die Kraft, die euch erschafft, euch Vater, Mutter, Geist, und Schöpfer ist. In euch wohnt sie, in jeder Zelle, ihr atmet sie, esst und verdaut sie, fühlt sie, spürt sie – und fasst sie doch so wenig! Liebt sie, fürchtet sie, und ehrt sie, euer Leben lang! Dann ist euch nicht mehr bang. Fortan begegnet ihr der Welt ohn’ Angst und Furcht – was immer auch geschieht, und noch geschehen mag. Ihr aber freuet euch allhier an jedem Tag!




• Probier mal! •


er diesen Blog regelmäßig verfolgt, dem wird aufgefallen sein, dass ich Kräutern eine besondere Wertschätzung entgegenbringe. Kräuter haben eine viel größere Bedeutung für die Gesundheit des Menschen, als allgemein bekannt ist. Die Intelligenz der Kräuter bestimmt die Intelligenz unserer Drüsen, sofern wir uns diese Intelligenz aus den Kräutern seelisch verdienen – vor allem durch den rechten Fleiß beim Sammeln, Einkaufen, Zubereiten und Verzehren.

Und wer sich darüberhinaus ein klein wenig mit fernöstlichen Körperübungen wie beispielsweise Yoga auseinandergesetzt hat, dem wird auch nicht verborgen geblieben sein, dass diese Übungen ganz speziell darauf ausgerichtet sind, die Drüsen gesünder und intelligenter zu machen. Warum? Weil wir über unsere Drüsen mit der Intelligenz im Universum verbunden sind. Das sollten wir uns also merken:

Kräuterintelligenz + Körperübungen = Drüsenintelligenz.

Die Drüsen arbeiten um so intelligenter für uns, je konsequenter wir mit Körperübungen sind, und je vielseitiger wir mit Kräutern in unserer Ernährung werden. Deshalb freue ich mich immer wieder ganz besonders – vor allem jetzt im Winterhalbjahr – wenn ich spezielle getrocknete Kräuter bekomme. Und deshalb war es auch ein großes Geschenk für mich, als ich beim Einkauf in einem Naturkostgeschäft vor dem Kräuterregal stand – man studiert ja für gewöhnlich, was da ist, und man sieht die Einzelpackungen, und da steht dann alles mögliche drauf, von A wie Anis, bis Z wie Zimt, alles bekannte Dinge . . .  doch dann entdecke ich etwas, was mein Herz höher schlagen lässt:

da ist eine Packung, da steht drauf: „Gewürzblüten – Probier Mal!” zehn verschiedene BIO-Gewürzmischungen in praktischen Portionsbeuteln, Zutaten aus kontrolliert-biologischem Anbau, für nicht einmal fünf Euro. Und dann fallen mir die Augen aus dem Kopf, als ich die Zutaten lese: da gibt es ein buntes Allerlei, Heimisches und Exotisches, eine unerhörte Vielfalt, insgesamt mehrere Dutzend Kräuter, angereichert mit herrlichen Farben von Gelbsenf, rosa Pfeffer, blauen Kornblumen, und tiefroten Rosenblüten.

Kräuter speichern die Farbschwingungen der Sonne. In getrockneter Form bringen sie dann die Wärme der Sonne in unseren Körper. Das spüren wir besonders wohltuend im Winter.

Also, ich war so begeistert von diesen Kräutern, und konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen! Dann hurtig die Tütchen geöffnet – welch ein Duft! – alles zusammen in die Getreidemühle hinein, feinstgemahlen eine Prise über die Rohkost gestreut, und einen halben Teelöffel in den Kochtopf über die Gemüsesuppe. Kinder, dass etwas Gesundes so gut schmecken kann! Das war so köstlich, und mein Körper war so glücklich, diese Kräuter zu bekommen.

Aber dann, irgendwann, ist jede Packung leer, und sogleich wollte ich diese Kräuter wieder haben. Was tun? Das Naturkostgeschäft liegt hoch droben am Berg, auf der anderen Talseite, in einem kleinen anthroposophischen Waldhufendorf, und es liegt Schnee, doch zieht es mich wieder hin. Also, Stiefel geschnürt, und Rucksack geschultert – ich wollte unbedingt wieder eine „Gewürzblüten – Probier Mal!” Kräuterpackung kaufen. Und wie ich vor dem Regal stehe, finde ich die Packung nicht. Ich bin nicht glücklich, obwohl die „normalen” Kräuter alle dastehen, wie Zinnsoldaten fein säuberlich in Reih und Glied; so muss ich wohl oder übel mit den Zinnsoldaten Vorlieb nehmen. Wohl oder übel? Wohl bekomms! Ich bin nicht so zufrieden, obwohl doch alles hier aus biologischem Anbau stammt. Zugegeben, ich hätte lieber wieder die „Gewürzblüten – Probier Mal!” Kräuterpackung gehabt. Zuletzt rufe ich die Verkäuferin, die gerade mit anderen Kunden beschäftigt ist, und frage, ob sie nicht hat, was ich begehre. Sie schaut nur kurz, und sagt im Verschwinden »ich tu es wieder her« – »Gut, also, das nächste Mal.« Ich bin fertig mit dem Kräuterregal, und möchte weitergehen, doch dann fällt mein Blick in eine Ecke. Und was sehe ich da? – es ist ein bisschen dunkel in der Ecke – ganz hinten stehen zwei Schachteln „Gewürzblüten – Probier Mal!” Kräuterpackungen! Stehen da und sagen nichts, die hatte ich glatt übersehen, in der dunklen Ecke. Nun, was tun? Hastig stelle ich die anderen Kräuter zurück, und ergreife eine „Gewürzblüten – Probier Mal!” Kräuterpackung, auf dass mir ja niemand zuvorkomme!

Versteht man die Schule? Das Thema, das in solch einer Tagesschule läuft, heißt: Dankbarkeit! Kann ich die anderen Kräuter genauso wie die Gewürzblüten-Kräuterpackung schätzen? Das Universum studiert genau, was in uns in einer derartigen Situation vorgeht. Thema Dankbarkeit!

Wie können wir solch eine Schulung für uns nutzen, um mehr Dankbarkeit zu entwickeln?

Was hat Dankbarkeit mit Selbstlosigkeit zu tun?

Das Sprichwort ist bekannt: „Reich ihm den Finger – so ergreift er gleich die ganze Hand.” Gibt es einen Teller Suppe, so sichern wir uns gleich den Nachschlag. Sich persönliche Vorteile zu verschaffen, macht undankbar, und unglücklich. Das Gegenteil davon heißt Selbstlosigkeit, und führt zur Christusliebe. Sie erfordert die Bereitschaft und die tägliche Bitte um Führung in allen Entscheidungen, gerade in den kleinen Entscheidungssituationen des Alltags.

Und deshalb: wenn ich das nächste Mal wieder vor einem Kräuterregal stehe, und das nicht bekommen kann, was ICH gerne haben möchte, so sollte ich um so glücklicher und dankbarer für das sein, was gerade zur Auswahl steht: denn das Universum weiß viel besser als ich selbst, was mir und meiner Entwicklung dienlich ist. Das gilt sowohl für meinen Körper, als auch für meine Seele. Einmal diese Kräuter, das nächste Mal dann von den anderen. Das fördert die Wertschätzung, und hilft uns nebenbei, Einseitigkeit zu vermeiden – denn selbst das Allerbeste wirkt nur dann belebend, wenn es nicht ständig um uns ist. Abwechslung ist daher sehr viel hilfreicher, denn Körper und Seele benötigen immer wieder neue Impulse!

So fassen wir zusammen: wir brauchen nur bereit sein, uns führen zu lassen, denn die Führung von oben leitet uns zur Vielfalt der Schöpfung, die es zu erkennen, und dankbar anzunehmen gilt. Und dieser Wunsch, diese Bitte um die rechte Führung kann uns liebevoll durch unseren Tag begleiten, so dass alles besser geht, und wir in allem, was uns unsere Tageschule präsentiert, ein Geschenk sehen können. Dann empfinden wir mehr Dankbarkeit, auch und gerade in den kleinen Dingen; das lässt Glücklichsein gelingen: denn Dankbarkeit ist der Schlüssel zu der Art von Freude, die uns lange wärmt.




• Die große Kälte •


rühlings Erwachen . . .

»Wie lange lässt du mich noch zittern?« So klagt das zarte Blümlein seiner Herzenssonne, die unerbittlich ihrer Bahn folgt, und sich einstweilen hinter Wolken recht bedeckt hält.

„Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
Vom Himmel fiel,
Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
Am zarten Stiel . . .”

»Steig höher! Wärme mich! Ich harrte hier im Dunkel für so lange Zeit – du Prächtige, mein Herzenswonne, sei du mein Ehrenkleid!«

»Ach lass doch nicht dein Köpflein hängen! Das tut mir weh, wenn ich so gramvoll dich gebeuget seh! Ich wärme dich, hab nur Geduld, ich bin ohn’ Schuld — ein jedes Ding braucht nun mal seine Zeit.«

»Du liebe Sonne du! Du hast gut reden! Feurige Jugend, gleißendes Licht, vergiss deines harrenden Glöckchens nicht! Und ich will kräftig mich derweil in Anmut dir entgegenstrecken.«

Wer hat sich schon einmal ganz tief gebeugt, um dem leisen und wehmütigen Geläute blühender Schneeglöckchen zu lauschen? Filigran kommen ihre Töne daher, zerbrechlich wie ein gläsernes Meer, auf dem sich die Lichtpunkte des Himmels spiegeln. »Still!« Wer diese Glöcklein hören will, muss innehalten. Der Alltagslärm lässt scheinbar sie verstummen; doch schweigen wir, beginnt es da und dort zu summen — ganz sachte klingend läutet es den Frühling ein . . .

schneegloeckchen.js

Sind’s nicht verklärende Worte, die der Poet einst fand? Musik und Dichtung reichen sich die Hand. Was uns berückt, ist ihm geglückt: dem Rückert, Friedrich – das ist des Dichters werter Name. Kann solch ein Name Zufall sein? Sei’s wie es sei, ’s ist einerlei, der Name spricht für sich . . . :wink:

Und die Musik (Liederalbum für die Jugend, R. Schumann)? Die Töne, die im Morgenlicht wie Tropfen von den Blättern perlen, entführen uns in jene Zeit, als Elfen, Feen und Geisterwesen unser Land regierten – insgeheim natürlich, wie man hinzufügen muss; denn nur der wird ihrer angesichtig, der sich nicht scheut, den Wanderstab an die Hand zu nehmen, um durch schaurig-schöne Vollmondnächte hinzuschreiten. Über Wiesen und Auen geht es; mild und stumm breitet der Mond sein sanftes Licht aus über weite Felder; andächtig und behutsam trittst du ein - - in den Hain, dem nun der Frühling neues Leben angedeihen lässt.

»Geduld, Geduld!« So schnell geht’s heuer wirklich nicht. Indess – das Warten auf das frische Grün fördert die Dankbarkeit in unsrer Seele. »Die ersten Farben!«»Das erste Blau!«»Ein sattes Gelb am Wegesrand!«»Welch Jubel, den die Vögel künden!« Stimmen auch wir den Lobpreis an; in Ehrfurcht staunend ob dem Walten der Natur.

»Ob sich im Garten schon was regt?«
»Noch liegt das Gartenhaus verdunkelt.«
»Oho, es rumpelt bei der Hecke!«
»Schaut da ein Erdgeist um die Ecke?«
 
Nur einer wagte sich hervor,
doch alle rufen jetzt im Chor:
»Ach Herr, wir können’s kaum erwarten,
schließ ER uns auf den Frühlingsgarten!«

Ob wohl der Herr des Hauses ihre Bitt’ erhört? »Zum Glück hat er den Schlüssel abgezogen!« So können wir mitsamt den Zwergen zumindest einen Blick durchs Schlüsselloch erhaschen.

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ER hat die Schlüssel in der Hand. Gott, Vater, Schöpfer, Heil’ger Geist! Licht, Leben, Glück und Freude, alles quillt aus seiner Hand.

»Singet ihm das Hohelied der Liebe!«

Heute ist Karfreitag; der höchste Feiertag des Jahres.

»Kommt feiern wir, und singt mit mir!«

Musik, die voller Würde den Karfreitag feiert, klingt von ferne aus dem Gral.

»Dort, auf der Aue, Parsifal!«

Kennst du den jungen Mann, der an der heil’gen Quelle Helm und Schwert beiseite legt?

Dem Gekreuzigten gewidmet: Charfreitagszauber aus dem dritten Akt des Parsifal. Die Szene, kurz umrissen:

Der alte Einsiedler Gurnemanz erkennt in dem gereiften Manne, der ihm in tiefster Waldeinsamkeit begegnet, den Jüngling Parsifal wieder. Viele Jahre sind seit ihrer ersten Begegnung vergangen; doch nun, da die Vorsehung Gurnemanz, den ehemaligen Hüter des Gralstempels, und Parsifal wiedervereint, salbt er dem Jüngeren liebevoll das Haupt. Parsifal, durch Entsagung und Verzicht geläutert, ist jetzt bereit, den Richtigen zu helfen. Selbstlos wird er dem König die Erlösung bringen. Doch was bleibt ihm, der alle Leidenschaften überwunden hat? Die reine Christusliebe, die nichts vom Nächsten fordert, aus tiefstem Herzen strömt, und zu den Herzen geht.

Hören wir die Karfreitagsszene aus Richard Wagners Bühnenweihfestspiel Parsifal in einer historischen Aufnahme aus dem Jahr 1926 aus Bayreuth, mit Richard Wagners Sohn Siegfried als Dirigent (Quelle: Montsalvat).

Da dies eine Orchesterfassung ist, habe ich als Hilfestellung zum Mitsingen den Gesangspart eingesungen, und den zugehörigen Notenpart zum Mitverfolgen daruntergesetzt (bis zum Ende der ersten Hälfte der dargestellten Szene).

»Singen ist Freude! Und gebt nicht so schnell auf. Wagner ist nicht so einfach. Doch wer sich die Wagnersche Musik gewinnt, hat etwas für die Ewigkeit.«

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Und wer fleißig geübt hat – und sich seiner Sache einigermaßen sicher ist, der wage es: hier ist die Orchesterfassung, ganz ohne Gesang. »Schließ’ die Augen. Atme tief aus und entspanne dich. Versetze dich in Parsifal und seine Aufgabe hinein.«

»Sei Parsifal! Und singe, Gott zu Ehren.«

parsifalorch.js

Bei solcher Musik lässt sich der liebe Gott nicht zweimal bitten – der Frühlingsgarten lässt nicht länger auf sich warten. Erschlossen liegt er nun vor unsren Augen. Kaum zu glauben, aber wahr – euer Singen hat ein Lächeln auf das Antlitz des Gekreuzigten gezaubert . . .

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