Die kleinen netten Überraschungen - mein 17204. Tag


ie freuen wir uns im Alltag über die kleinsten Begebenheiten, die uns Anlass geben, einmal die gewöhnliche Routine zu unterbrechen!
Nein, es müssen wirklich nicht die großen Dinge sein, die uns Abwechslung verschaffen, und somit unser Gemüt erfrischen. Eine Monatsabrechnung für Internet- und Telefonnutzung tut es auch. Aua, das tut weh – und sie flattert auch ausgerechnet nach einer ausgedehnten Internetsitzung in den Briefkasten, den elektronischen – papierlos natürlich, da kommen wir dem Versorgerunternehmen großzügig entgegen.

Ein schöner Spiegel ist das, und wir bezahlen brav für die verpuffte Energie, für die endlosen Wartezeiten, für die Nervenbelastung und den Ärger mit fehlerhaften und inkompatiblen Webseiten, und — nichts mehr; die Aufzählung nähme sonst kein Ende. Haarsträubend ist es, was einem in der bunten Online-Welt alles widerfahren kann. Und nun darf ich auch noch Schmerzensgeld dafür bezahlen! Grummelnd und zerknirscht gehe ich außer Haus. Die reale Welt hat mich wieder. Ich bin unterwegs zum Thermalbad, und nicht gerade in einem wohlgeordneten äußerlichen Zustand; in der vagen Hoffnung, dass mir kein bekanntes Gesicht begegnet.

Doch etwas anderes begegnet mir. Was sehe ich da? Die Nummerntafel eines Fahrzeugs ist es, die mir geradezu in die Augen springt. Und endlich gibt es wieder was zum Schmunzeln: KA – MM … – das ist doch nicht etwa eine Aufforderung an mich? Zugegeben, mit langer wehender Künstlermähne ist man manchen Zeitgenossen schon ein Dorn im Auge. Verzweifelt fahre ich durch die Haare; hoffnungslos! Sie fallen in alle Richtungen, und lassen sich wirklich in kein Schema pressen. Doch werde ich nicht aufgeben; den letzten zwei zerbrochenen Pferdekämmen zum Trotz. Geeignet wäre ein Stahlkamm mit einem Zentimeter breiten Zwischenräumen, denn sonst komme ich durch meine Haare nicht hindurch. Momentan behelfe ich mir mit einer Gabel, rostfrei, aus Solinger Edelstahl, doch die ist momentan nicht griffbereit. Und abschneiden kommt auch nicht in Frage, weil mir die Drahtantennen auf dem Kopf den Empfang der Intuition erleichtern – und das hat höchste Priorität!

So spielt das Leben mit uns Katz und Maus, und das spiegelt sich in all den Eulenspiegeleien, die wir selber Tag für Tag von neuem aushecken. Tagesschule nennen wir das, und sie ist zu nichts weiters nutze, als dass wir sie beobachten, und, unser wahres ICH erkennend, aus ihr lernen; denn die Streiche, die wir schon von Kindesbeinen an beherrschten, nehmen nicht so leicht ein Ende. Jede Zeche muss bezahlt sein, bis auf den letzten Heller, wie wir aus Erfahrung wissen – und bliebe der Teller fortan leer, so hätten wir ein wichtiges Ziel erreicht: uns still und friedlich mit dem zu bescheiden, was wirklich in unserem Leben ansteht, und Tag für Tag zu tun ist. Nicht mehr, und nicht weniger, keine Ablenkungen, keine Abenteuer – denn diese Abende, wo man sein kleines Ego durchsetzt, und tut, was man gerade tun möchte, sind immer teuer zu bezahlen, im wahrsten Sinne des Wortes: ein teurer Abend war’s, ein wahres Aben(d)teuer – ich muss nur auf die Telefonrechnung schauen.

Auch wenn Sie es möglicherweise nicht so gerne hören – die höhere Vernunft im Universum erzieht uns mittels intelligenter Lebensgesetze zum „brav sein”, und es führt kein Weg daran vorbei – wir alle müssen mit der Zeit zu „Engeln” werden. Apropos, können Sie schon singen?

Zwei betende Engel, von William Blake gemalt; geheimnisvoll sind seine Werke, mystisch auch seine Dichtungen, unendliche Wahrheiten verkündend. Er nahm die Verinnerlichung der Romantik vorweg. Seine Bilder sind durchweg inspiriert; wir bewundern den Aufbau seiner Kompositionen, die sich zu einer Apotheose des Glaubens fügen: sich im Gebet einander zuneigende Engel formieren sich symbolisch zu den bittend aneinandergelegten Händen, die gen Himmel gerichtet sind. Wir sollten es uns zu Herzen nehmen – und keinen Tag ohne positiven Wunsch verstreichen lassen!




• nomen est omen • - mein 17203. Tag


ch, man geht doch viel zu selten ins Theater. Was wurde denn gespielt, vergangene Woche? Drama und Komödie, Lustspiel und Tragödie, und das alles in einem Stück? Kein Problem. Ganz oben in der Gunst der Medien stand zweifelsohne „Der Fall Porsche”, ein Lehrstück um Macht und Intrigen, Spekulation und Gier, über menschliche Triebe also, und nicht über Liebe, denn auf ein Happy End warteten die Zuschauer in den niedrigeren Rängen vergeblich. Es ward zu einem Mammutstück, mit dem Untertitel „Der König nimmt seinen Hut – weil er nicht Kaiser werden darf”, und das Finale zog sich entsetzlich in die Länge, bis in die frühen Morgenstunden hinein; als sich der Vorhang endlich schloß, und das letzte Bühnenlicht erlosch, gingen die Kritiker erschöpft an ihre Arbeit, und wetzten ihre Federn – auf Rache sinnend, angesichts der erduldeten Pein und der horrenden Eintrittspreise . . .

Wir wollen nicht vorbehaltslos in den Chor der Kritiker miteinstimmen; wir wollen uns damit begnügen, das Licht auf unscheinbare Kleinigkeiten zu richten, die dennoch sich selber Genüge tun – indem sie für sich selbst sprechen. Ein Theaterstück lebt von seinen Protagonisten, und die Rollen waren glänzend besetzt: an erster Stelle König Wiede(r)king¹, der am Ende mit den Tränen kämpfend Krone und Zepter an seinen treuen Vasallen Macht² übergab; und im Hintergrund das Geschehen souverän beobachtend, still und zurückhaltend: die rechte Zeit zum Handeln abwartend, wie es den wirklich großen Feldherrn seit eh und jeh zu eigen war, Generalfeldmarschall Winterkorn³. Auch der Wulff mit seinen sieben Geißlein war mit von der Partie, doch musste er sich vorerst damit begnügen, die Regieanweisungen vorzulesen. Wir können an dieser Stelle nicht allzu sehr ins Detail abschweifen, das würde doch entschieden zu weit führen; es soll für heute genügen, dass wir erkennen, dass auch die Namen, die uns durch das Leben geleiten, einem höheren Ordnungsprinzip entnommen sind. Vor- und Nachnamen spiegeln uns in persönlichen Eigenheiten, Stärken oder Schwächen, positiven oder negativen Eigenschaften unserer Individualität, getreu dem Postulat von Mikrokosmos gleich Makrokosmos.

¹ jedes Jahr, nach Veröffentlichung der Bilanzen, staunte man von neuem: Wendelin Wiede(r)king war wieder König! King for just one day? Nein, oh nein, wieder und wieder, insgesamt siebzehn Inthronisationen haben wir erlebt, von 1992 bis 2009. Kein Wunder, dass ihn das Prozedere langweilte, und er endlich die unumschränkte Macht begehrte, die Kaiserwürde sollte es gar sein! Doch dazu war sein Königreich zu klein. Die Wende, die wir aus seinem Vornamen Wendelin prophezeien konnten, kam über Nacht. Die Macht wurde neu verteilt.
² Mit dabei, man höre und staune: Michael Macht, designierter Wiedeking-Nachfolger. Was wird er machen, mit der Macht, die er nun hat?
³ Klug ist der Bauer, der sein Feld im Winter bestellt – wenn alles schläft, und keiner daran denkt. Das verschafft ihm den notwendigen Vorsprung vor den Mitbewerbern. Ist Martin Winterkorn der Mann der Stunde, der VW zum Weltmarktführer machen kann? Wintergerste ist hart, robust, und kerngesund.

Wolfgang Porsche äußerte sich einmal, die Firma könne man sich auswählen, die Familie jedoch nicht. Ergänzend dürfen wir hinzufügen, dass wir in die passende Familie hineingeboren werden, rein zufällig natürlich; so fällt jedem das zu, was ihm gebührt. Und der, der uns diese Zufallsbälle unermüdlich in die Hände spielt, lächelt mild und weise. Leise, leise, dass es keiner merkt!




Guten Morgen! - mein 17199. Tag


a kamen wir gestern wieder einmal viel zu spät ins Bett, und heute morgen mit einer Stunde Verzug in die Gänge. Was sehe ich beim morgendlichen Blick in den Spiegel? Zum Beispiel folgendes:

Beim Leeren des Briefkastens eine Umfrage auf der Titelseite eines Anzeigenblatts: „Sind Sie eigentlich Frühaufsteher?” – und Jung und Alt stehen Rede und Antwort, mit Name, Konterfei und Altersangabe. Und ich? Gestern noch habe ich über ideale Zeitnutzung geschrieben. Kann eine Nachteule denn seine Lebenszeit ideal nutzen? Sie verschiebt den Beginn des neuen Tages. Nun denn, so extrem wie noch vor wenigen Jahrzehnten ist’s schon lange nicht mehr. Aber es ist doch interessant, dass dieses Anzeigenblatt nur einmal in der Woche erscheint, und gerade dann eine derartige Umfrage enthält, wenn ich sie als Denkanstoß benötige. Synchronizität der Ereignisse!

Apropos Synchronizität der Ereignisse – eine musikalische Randnotiz:

Im Verlauf des gestrigen Vormittags vernehme ich unten im Tal ein „Tatü-tata-tatü-tata-” – nichts besonderes, das gibt es häufig, doch nach kurzer Zeit vermischt sich die Sirene mit einer zweiten – und das unglaubliche geschieht: sie synchronisieren sich für mehrere Sekunden zu einem vollkommen harmonischen Duett, kontrapunktisch perfekt, ausgewogen, in Gegenbewegung vom Tritonus zur großen Terz schreitend, und immer wieder repetierend: Wohlklang pur, himmlische Musik!

Das konnte nur funktionieren, weil die zweite Sirene um einen Halbton höher gestimmt war.
Können Sie jede Note der jeweiligen Sirene zuordnen? Sirenen ertönen in Quarten – wie lange liegt Ihr Musikunterricht nun schon zurück?
Lösung: Die Sirenen wechseln von Takt zu Takt ihre horizontale Lage; einmal sind sie Unterstimme, das nächste Mal Oberstimme, immer schön überkreuzend (Das Kreuz: Symbol für ERSTE HILFE, siehe nächsten Abschnitt).

Doch abgesehen vom musikalischen Genuß habe ich mir auch verinnerlicht, solche Sirenensignale in der Tat als Wink mit dem Zaunpfahl zu betrachten; meist sind es für mich Hinweise, dass es höchste Zeit ist, für Flüssigkeitszufuhr zu sorgen, und genügend Quellwasser zu trinken. Kommt Ihnen beispielsweise auf der Straße ein Rettungswagen entgegen, so verdeutlicht er Ihnen möglicherweise nur, dass Sie gerade auf dem Weg zu einer für Sie sehr hilfreichen Tätigkeit sind – oder gerade einem „rettenden” Gedanken, Denkanstoß oder Vorhaben Raum zur Entfaltung in Ihrem Bewußtsein zugestehen; frei nach dem Motto: „das war die Intuition! Hast du die  +  Erste Hilfe denn bemerkt?”




Zeitnutzung gespiegelt - mein 17198. Tag


ad we but world enough, and time… – so beginnt ein berühmtes Gedicht von Andrew Marvell, dem großen englischen Metaphysiker der Barockzeit. Recht hat er, sie rieselt uns durch die Hände wie feinster Sand, die Zeit – und selten gelingt es uns, Lebenseindrücke und Erfahrungen in aller Muse und Ruhe zu betrachten.
Wie gehen wir mit den begrenzten zeitlichen Ressourcen des Tages um? Zeitnutzung ist ein wichtiges seelisches Talent, das sich von Entscheidung zu Entscheidung weiterentwickelt – entweder es verbessert sich durch objektiv richtige Entscheidungen, oder es verschlechtert sich durch objektiv falsche Entscheidungen. So ist es mit allen Werten der Seele: entweder wir entscheiden gut, und gehen „bergauf” – oder wir entscheiden falsch, und gehen „bergab”.

Angenommen, Sie treffen heute 100 richtige, und 50 falsche Entscheidungen, dann sind Sie summa summarum deutlich „bergauf” gegangen, Sie machen gute seelische Fortschritte. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht diesen Sachverhalt: das Verhältnis zwischen richtigen (grün) und falschen (rot) Entscheidungen bestimmt den Neigungswinkel der schiefen Ebene, auf der Sie seelisch bergauf oder bergab gehen. Als Formel ausgedrückt:

α =90° *(∑pos/∑gesamt-0.5)*(1+1/((∑pos/∑gesamt)²*(1+(1-∑pos/∑gesamt)²)))

Überwiegen die negativen Entscheidungen, muss ∑pos (die Anzahl der richtigen Entscheidungen) durch ∑neg (die Anzahl der negativen Entscheidungen) ersetzt werden, sowie das Resultat, der entscheidende Winkel α, mit negativem Vorzeichen versehen werden (diese Berechnung ist eine grobe Annäherung; sie berücksichtigt bspsw. nicht, dass jede getroffene Entscheidung zusätzlich spezifischen seelischen Gewichtungsfaktoren unterliegt).

Ein Beispiel zur Zeitnutzung aus meiner Tagesschule: ich muss mich gerade mit (für den Laien) komplexen technischen Grundlagen herumschlagen – mit häufiger Internetrecherche. Je länger ich wesentliche Tätigkeiten warten lasse, desto länger muss ich meinerseits auf Antworten, Feedback, Problemlösungen usf. warten.
Konkret: ich spüre, die Blase ist voll. Ich klebe am Bürostuhl fest, und verschiebe das Wasserlassen, die Pausen, das Verschnaufen. Die Zeit läuft davon, ich kann jetzt nicht! – so denke ich, obwohl der Hunger zur Mittagszeit schon mächtig nagt. Und die Retourkutsche folgt auf den Fuß. Die Internetserver sind überlastet, und liefern nur tröpfchenweise Informationen, wenn ich auf sie zugreifen muss; ich bekomme im Supportforum keine Antwort auf mein Anliegen, Teile meiner Arbeit stellen sich im Nachhinein als überflüssig heraus – die Zeit, die ich gestern verplempert habe, begegnet mir heute vielfach gespiegelt wieder.
Kausale Zusammenhänge, die dazu da sind, mir zu helfen; immer wieder flüstern sie mir leise ins Ohr: „jetzt komm’, es steht etwas anderes an!”
Doch manchmal fühle ich mich wie der Suppenkaspar, der sich mit Händen und Füßen gegen sein Glück wehrt: „Nein – meine Suppe ess’ ich nicht!”

Zeitnutzung heißt, nicht stur zu sein. Wer stur ist, neigt dazu, wesentliche Tätigkeiten zu verschieben. Was aber sind wesentliche Tätigkeiten? Wer sich im Laufe des Tages häufig darum bemüht, zu fragen, was er jetzt wirklich tun sollte, wird immer deutlicher seine Intuition spüren, die ihm klare Anweisungen gibt.




Konsequenzen: mein Waterloo . . . - der 17193. Tag


ennen Sie diese Tage, an denen man sich schwört „Nie wieder!”? Nein? – Soll ich sie darum beneiden? Ich gönne Ihnen Glück und Freude, wenn Sie es sich wahrhaftig selbst verdient haben, denn jeder ist seines Glückes Schmied. Diese Woche hatte ich kräftig neben den Amboß geschlagen – und gestern war der Höhepunkt: ein Mißgeschick nach dem anderen – so macht das Leben wirklich keine Freude. Doch die Woche der Reihe nach:

Wie hat sich Napoleon wohl nach seiner Niederlage bei Waterloo gefühlt? Er war tapfer, und liess sich nicht unterkriegen. So leicht gab er sich nicht geschlagen. Ich werde weitermachen. Natürlich, ist doch klar, oder? Die Talsohle ist erreicht und durchschritten, ich habe wieder einmal erlebt, wie es ist, in allem seinen eigenen Willen, sein kleines Ego, durchzusetzen. Und das Resumée?

Ich kann tun, was ich will, und ich leide;
ich soll tun, was ich soll, und ich meide
– Frust und Verzagen -
- Leiden und Klagen -
- Schimpfen und Schande –
- löset die Bande –
- lindert die Schmerzen –
- wünschet von Herzen!¹

¹ auch Baron von Münchhausen musste sich an seinem eigenen Schopf aus dem Sumpfe ziehen, und so auch wir!