• Symbole III - „Brille” •


ie Brille, in früheren Epochen ein Anzeichen von Bildung und „Gelahrsamkeit”, ziert heutzutage die Mehrheit aller Gesichter. Und der Anteil an Brillenträgern steigt weiter, derzeit liegt er bei über 60 Prozent – ein Zuwachs von 50 Prozent seit dem Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg. Die Zeitspanne, die sich vom Beginn der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bis heute erstreckt, firmiert auch unter dem Begriff der Wohlstandsgesellschaft. Nie zuvor in der Geschichte ging es den Menschen so gut wie bei uns. Doch was hat das mit der Brille zu tun?¹

¹ Wenn der Mensch nicht mehr den Großteil seiner Lebenszeit auf die Beschaffung seiner täglichen Nahrung verwenden muss, so kann er sich vermehrt der Entfaltung seiner geistig-seelischen Fähigkeiten widmen. Das setzt allerdings eine gewisse Bildung voraus, die erst durch Wohlstand in einem vernünftigen Maß ermöglicht wird. Nationen mit höherer Bildung weisen in der Folge einen deutlich höheren Anteil von Brillenträgern auf. Ist die Brille nicht ein Symbol fürs Lesen? Im übertragenen Sinn steht sie für das Lesen im Buch der Seele.

„Die Augen sind das Fenster zur Seele” – das ist ein Zitat, das Leonardo da Vinci zugeschrieben wird. Und in der Tat, es ist schon ein erhebendes Gefühl, wenn man einem lieben Menschen in die Augen schaut. Eine gewisse innere Scheu hält uns davon ab, dies länger als nur einen kurzen Augenblick zu tun, deshalb der Ausdruck: Augen – Blick. Es ist, als ob man eintaucht in ein Meer, dem wir doch selbst entnommen sind, dem Grund der See, die unserer Seele ihren Namen gab. In solch kostbaren Augenblicken kann in uns ein Stück Heimat anklingen, eine dunkle Ahnung dessen, was wir im Grunde unseres Wesens sind; und indem diese Ahnung emporsteigt, vereinigt sie sich mit dem Sonnenlicht, das durch unser Auge fällt, und lässt es hell und warm in unserem Bewusstsein werden. Ein Stück Selbsterfahrung ist das, ein Sich-Erkennen im Spiegel der Seelenschwester oder des Seelenbruders.

„Das Auge sieht, was es sucht” – so formulierte es der Maler Max Slevogt. Wohin also richten wir den Blick?

Ein berühmtes Brillengesicht: Mahatma Gandhi besaß die Fähigkeit, bis auf den tiefsten Grund der menschlichen Seele zu blicken. Keine innere Regung blieb ihm verborgen. Diese Fähigkeit ermöglichte es ihm, auf die Nöte und Bedürfnisse seiner Landsleute einzugehen, sie an der Hand zu nehmen, und sie in die Unabhängigkeit zu führen.

Das menschliche Auge kennt zwei Blickrichtungen: sowohl nach außen, als auch nach innen. Einerseits der Blick in die Weite der Außenwelt, andererseits der Blick auf die kurze Distanz, der die Innenwelt beleuchtet. Hier kommt die Brille als Sehhilfe ins Spiel: Brillenträger werden der Einfachheit halber nach Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit unterschieden. Im Grunde artikulieren diese beiden Begriffe die Stärken desjenigen Menschen, der eine Brille trägt: kurzsichtige Menschen zeigen häufig eine ausgeprägte Sensibilität für die Innenwelt, die Welt der Seele, während weitsichtige Menschen sich eher durch einen klaren Blick für die Belange der Realität auszeichnen. Ideal wäre es, zwischen beiden Polen hin- und herpendeln zu können – denn damit schüfe man die Voraussetzung für eine vollkommen objektive Sicht auf alle Wesen und Dinge.

Die Entwicklung in unserer Gesellschaft hin zur Kurzsichtigkeit ist ein gutes Zeichen. Weltweit sind es momentan ungefähr 1,6 Milliarden Menschen, innerhalb der nächsten zehn Jahre rechnen die Forscher damit, dass der Anteil der Menschen mit einer sogenannten Myopie, dem Fachbegriff für Kurzsichtigkeit, auf etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ansteigen wird² – ein gutes Omen, nicht nur für die Brillenindustrie: mehr und mehr Menschen richten den Blick nach innen, und schenken ihrem Seelenleben größere Aufmerksamkeit. Das ist ein enorm wichtiger Schritt auf dem Weg in das bereits angebrochene spirituelle Zeitalter.

² Quelle: Anna Maria Isabel Wilde, Untersuchungen zur Epidemiologie und Genetik der Myopie

Die Brille korrigiert unsere Fehlsichtigkeit, sei sie nun kurz, oder auch weit. Wir purzeln auf die Erde nieder, um uns zu erkennen. Das wäre gar nicht einmal so schwer, wenn wir uns so sehen könnten, wie wir wirklich sind. Was macht uns blind? Jesus Christus erklärt es in der Bergpredigt folgendermaßen: „Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.” (Matthäus 6, 22) Das Auge ist das Symbol für unsere seelische Sichtweise, der Leib umfasst als Ganzheit Körper und Geist.

Das sind die wesentlichen Fragen, denen wir uns täglich zu stellen haben:

  1. Wie sehen wir unsere Mitmenschen?
  2. Wie sehen wir die Welt?
  3. Und wie sehen wir uns selbst?

Ist unsere Sicht klar, lauter und rein – Luther gebraucht den Begriff „einfältig” – oder ist sie eingetrübt? Durch Verurteilen, Kritisieren, Besserwisserei, und Schadenfreude kann sie sich verdunkeln bis zur vollkommenen Finsternis (Matthäus 6, 23). Um zu überprüfen, wo wir stehen, bedürfen wir der Tagesschule, die das Universum für uns als täglich sich wandelndes Lernprogramm mit großer Sorgfalt plant. Nur im Erleben unserer eigenen Reaktionen auf die Geschehnisse des Alltags lernen wir unsere momentane seelische Sichtweise kennen, und vermögen sie, sofern wir den entsprechenden Wunsch hegen, auch zu verändern. »Brille verlegt? Oder gar hinuntergefallen? Kratzer im Glas? Blaues Auge kassiert?« So drastisch muss unsere Tagesschule beileibe nicht sein. Dies soll nur einmal den Zusammenhang aufzeigen, wie uns das Universum auf eine falsche seelische Sicht richtiggehend „stoßen” kann, sofern wir es nötig haben. Könnten wir denn für ein „Veilchen” rundherum um unser Auge dankbar und auch glücklich sein? Wenn wir den Grund für solch ein Mißgeschick erkennen könnten (die Ursache liegt immer in einer konkreten Verhaltensweise des zurückliegenden Tages begründet; eine Verhaltensweise, die auf einer falschen seelischen Sicht beruhte, und eine Kausalkette in Gang gesetzt hat, die bspw. als „Veilchen” wieder sichtbar wird), so wären wir sichtlich dankbar und froh, denn das sind wir immer, wenn wir etwas wirklich sinnvolles gelernt haben. Und unsere Seele im Spiegel der Außenwelt zu erschauen, ist wirklich sinnvoll! Große Persönlichkeiten haben uns immer wieder darauf hingewiesen: „Das Auge ist ein Verkleinerungsglas nach innen.” (Friedrich Hebbel, deutscher Dramatiker).

Ein besseres Übefeld als die Erde gibt es im ganzen Universum nicht, um uns selbst zu erkennen. Und auf diesem Weg der Selbsterkenntnis wandelt sich unsere seelische Sicht. Aus Verurteilen wird Neutralität. Aus Kritisieren wird Kritikenthaltung und Verstehen. Aus Besserwisserei wird Schweigen. Aus Neid und Schadenfreude erwachsen Großzügigkeit, die dem anderen Glück und Freude gönnt. Und also ward es wieder licht in uns. Wir ahnen es: das ist der Boden, auf dem wahre, allumfassende Liebe gedeihen kann. Wir gehen unbeirrbar unseren Weg, auch unter dem Vorwurf, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen. Denn in uns hallt es wider: „Erst das Auge erschafft die Welt.” (Christian Morgenstern)

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• Symbole I - „Ampel” •


rün und Rot empfinden wir als Komplementärfarben, auch wenn sie sich im Farbkreis nicht genau gegenüberliegen. Sie kontrastieren sehr stark, und sind deshalb gut dafür geeignet, gegensätzliche Positionen auszudrücken. Im Straßenverkehr wird dieser Umstand dazu genutzt, den Verkehrsteilnehmern anzuzeigen, ob sie passieren dürfen, oder nicht: Ampelschaltungen sind uns von frühsten Kindesbeinen an vertraut.

Im Kindergarten ist es Pflicht, das richtige Verhalten im Straßenverkehr zu erlernen. Wie verhält man sich an einem Zebrastreifen? »Arm ausstrecken, Blick nach links, Blick nach rechts, und noch einmal, zur Kontrolle. Falls ein Auto kommt, den Blickkontakt mit dem Fahrer suchen. Warten, bis der das Zeichen gibt, dass er dich gesehen hat.« Und noch einmal: »Blick nach links, und Blick nach rechts . . . «

Geistig aufgeschlossenen Menschen dürften Redewendungen wie „Mikrokosmos gleich Makrokosmos” oder „wie oben, so unten” durchaus geläufig sein. Das Spiegelprinzip lässt grüßen. Es dient dem Menschen hier auf der Erde dazu, sich leichter im Spiegel der Außenwelt zu erkennen. Was hat denn unsere Ampel mit diesem Spiegelprinzip zu tun? Stellen wir uns doch einfach einmal unser gesamtes irdisches Dasein so vor, als wären wir Verkehrsteilnehmer auf einem Verkehrsübungsplatz.

Verkehrstraining

Signale erkennen und beachten: die irdische Schulung vermittelt das Rüstzeug für höhere Ebenen im Universum.

Auf diesem Verkehrsübungsplatz gelten ganz klare Regeln und Vorschriften. Sie gilt es zu erlernen, um sie daraufhin in der Praxis zu erproben. Diese Regeln und Vorschriften dienen keinem Selbstzweck, sondern der Sicherheit und Geborgenheit aller Beteiligten. Das ist leicht einzusehen, oder? Warum passieren dann so viele Unfälle? Weil es viele Verkehrsteilnehmer reizt, diese Regeln und Vorschriften zu übertreten. Schnell dahinzubrausen, macht mehr Spass als nur zu schleichen, und ein Gläschen Wein in Ehren . . . Wenn da nur die Polizei nicht wäre! Dein Freund und Helfer will sie sein. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, auch wenn die Kontrollmechanismen nicht immer leicht durchschaubar sind.

»Da rollt ein Knöllchen mir ins Haus,
ist nun der Ofen für mich aus?«
 
»Nein, nein, ‘s ist eine Warnung nur -
verlier mir ja nicht Deine Spur . . . «

Prüfungsebene Erde

Die Erde ist unser Verkehrsübungsplatz. Wir lernen das Regelwerk kennen und üben permanent, diese Vorschriften zu verinnerlichen; regelmäßig werden wir im Rahmen unserer Tagesschule daraufhin überprüft. Erinnert uns das nicht ein wenig an die allgemeinbildende Schule, wo ja ebenfalls Kontrollmechanismen notwendig sind? Auf höheren Ebenen sind diese Kontrollmechanismen allerdings überflüssig, weil ohnehin nur derjenige Zugang bekommt, der auf der Erde den erforderlichen Führerschein bereits erworben hat. Um Missverständnissen vorzubeugen: nicht den Führerschein Klasse I, II, oder III, sondern den folgenden:

Was aber, wenn jemand mit diesen Regeln und Vorschriften partout nicht einverstanden ist? Bitteschön! Es gibt keinen Zwang. Nur Ursache und Wirkung. Jeder Mensch kann auf der Erde tun und lassen, wie es ihm beliebt. Auch wenn alle Ampeln auf Rot stehen sollten. Entscheidungsfreiheit nennt sich das.

Hier schließt sich der Kreis. Nahezu jeder kennt die Situation, dass nichts mehr geht. Alle Ampeln stehn auf Rot – und wir sind in Not. Was tun? Alles fügt sich hingegen wie von Geisterhand, wenn wir „Grünes Licht” für eine Entscheidung bekommen.

Das sollten wir begreifen: für jede von uns geplante Entscheidung, und sei sie noch so klein und unbedeutend, gibt es eine Ampelschaltung, über die uns eine höhere Instanz – die den Überblick über das gesamte Verkehrsgeschehen hat – mitteilt, ob unsere Entscheidung der Weiterentwicklung des Universums zuträglich oder abträglich ist. Und nicht nur das: ist unsere Entscheidung der Weiterentwicklung des Universums dienlich, so profitiert in gleichem Maß unsere Seele. Sie wird intelligenter und verbessert die ihr innewohnenden Werte. Unsere Intuition, die Verbindung zur Wahrheit im Universum, prägt sich stärker aus. Je mehr Achtsamkeit wir dem gegenwärtigen Augenblick schenken, um so deutlicher können wir intuitive Denkanstöße, Gefühle und Bilder wahrnehmen. Konzentration auf das im Moment wesentliche heißt hierfür das Zauberwort.

OperationssaalGrün ist die Farbe der Konzentration! Denken wir nur einmal an die Arbeit in den Operationssälen, wo höchste Konzentration erforderlich ist. Oder – und das nachstehende Beispiel ist mir sehr viel symphatischer – an die herrlich begrünte Natur im Frühjahr und Sommer. Wo kann man leichter den Zugang zu sich selbst und seinem Innersten wiederfinden, als im tiefsten Wald? Grün ist die Farbe der Konzentration. Und Grün ist auch die Farbe der Ampel, die uns passieren lässt.

Nicht immer säumen Ampeln unseren Weg – den Städtern sind sie sicherlich vertrauter als den Menschen auf dem Dorf. Gleichwohl sollten wir uns alle angewöhnen, unsere Entscheidungen mit dem Symbol der Ampel zu verknüpfen. Das tun wir, indem wir jedesmal ganz einfach fragen:

»Hab’ ich denn dafür grünes Licht?«

Und wenn die Ampel vorerst schwarz bleiben sollte, dann sollten wir den Mut und die Gelassenheit zum Warten aufbringen, und nicht unüberlegt entscheiden. Die Zeit zum Überdenken ist doch ein Geschenk. Und wenn wir mehrfach nachfragen, wird die Ampel irgendwann aufblitzen. Dann ist es Zeit zum Handeln. So oder so? Die Weichen sind gestellt. Wir sind in der Spur. Weil wir gefragt haben.

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• Die Geschichte mit der Acht, Teil II •


Zum besseren Verständnis des nun folgenden empfiehlt es sich, zuerst Teil I dieser Abhandlung (• Die Geschichte mit der Acht, Teil I •) zu studieren.

rau ist alle Theorie, erinnern wir uns. . . doch nun zur Praxis. Ohne Übung geht es nicht, und Meister fallen für gewöhnlich nicht vom Himmel; ganz im Gegenteil, sie gehn getreu den umgekehrten Weg, der naturgemäß sehr viel beschwerlicher ist. Die Spirale aus Teil I grüßt stumm und lächelnd uns zurück, auch wenn sie ungerührt – doch um so mehr vollkommen unbeirrt – den ehernen Gesetzen, die sie schufen, folgt.

Dess sollten wir auch uns befleißigen, an jedem neuen Tag:

dem Lauf des Lebens

Die Helix - die dreidimensionale Spirale unserer Seele.

achtsam folgen, um mit des Kindes Neugierde den Dingen, die um uns herum – und was doch noch viel wichtiger ist – in unsrer Innenwelt geschehen, auf den Grund zu gehen; denn alles hier hat seinen Grund, und jede Wirkung seine Ursache!

Rudolf Steiner (1861 – 1925), dessen unkonventionellen Erkenntnisse und darauf aufbauenden Empfehlungen für viele Zeitgenossen damals, vor nunmehr rund einhundert Jahen, „Steine des Anstoßes” waren, hat das wachsame Beobachten der alltäglichen Kausalkette klar und prägnant als Übungsweg zur geistig-spirituellen Schulung empfohlen. In Steiners Begrifflichkeit stärkt dieser Übungsweg das „Freiwerden des Ätherleibs” (Ätherleib == Aura). Das Üben selbst erfordert drei zusammenhängende Schritte (nach Rudolf Steiners Ausführungen zum Thema der „Imagination”):

  1. Den Dingen der äußeren, physischen Welt (Vorgänge, Menschen, Erscheinungen) so genau wie irgend möglich auf den Gund gehen.
  2. Sich ganz den in der Seele aufsteigenden Gedanken, Gefühlen, und vor allem Bildern hingeben.
  3. Die inneren Bilder in scharf konturierte Begriffe fassen.

»Voilà, da ham’ wir sie!«
 
Die Tagesschule . . . sehen, was läuft!
 
»Tagesschule wach erkennen,
Prüfungen beim Namen nennen,
Spieglein, Spieglein in der Hand . . . 

. . . hast Du heute Dich erkannt?«

Auch wenn der Begriff der „Tagesschule” unserer heutigen Zeit entnommen ist, so lässt er sich doch kaum treffender umschreiben, als Rudolf Steiner es in obigen drei Punkten getan hat. Rudolf Steiner brachte mühsam Stein um Stein ins Rollen – doch erst heute, hundert Jahre später, erwacht im Bewusstsein vieler Menschen das Bedürfnis geistig-seelischer Schulung. Der Boden ist bereitet, und wenn auch alle Übergänge in der geistigen Entwicklung der Menschheit fließend verlaufen, so markiert das Jahr „2012” hier einen Neubeginn.

Eine unserer wesentlichsten Aufgaben in dem erwachenden „spirituellen” Jahrtausend ist es, den Begriff der „Tagesschule” (un)endlich tausendfach zu prägen, und ihn mit allen Facetten des Lebens zu füllen – denn das gesamte Universum investiert sehr viel Energie in die Tagesschule derjenigen Menschen, die sich seelisch entfalten wollen. Das Forum Tagesschule . . . sehen, was läuft! (im Aufbau) soll in den kommenden Jahrzehnten diese Menschen zu gemeinsamem Lernen und seelischem Austausch zusammenführen.

»Willst Du ein Tagesschüler werden, was ist zu tun, konkret, auf Erden?«

Da wir seelische Entwicklungsprozesse im allgemeinen nicht unmittelbar erfassen können, ist es sinnvoll, uns für jeden Tag ein seelisches Thema vorzunehmen, das uns bei allem, was an äußeren Erlebnissen und Gedanken den Tag über auf uns einströmt, begleitet. Ich habe mir zu diesem Zweck 44 Kärtchen angelegt, auf denen jeweils ein Schwingungsband der Seele steht. Am Abend, wenn der neue Tag schon längst bereitet ist, mische ich den Stapel durch, und ziehe ein Kärtchen. »Oho! Liebevoll sein! – Na, da kann ich ja mal gespannt sein . . . « Wer mag, kann sich das Kärtchen unter das Kopfkissen legen :wink: .

Die Nacht ist vorüber. Ich sammle meine Gedanken. Was steht an? Was sind meine Wünsche für den Tag? »Liebevoll sein!« Ich möchte mehr darüber lernen, und mich in meiner Tagesschule erkennen.

Solch ein Tag ist schnell vorbei – eine Kreisumrundung auf der Spirale, die dem Licht entgegenführt. Mannigfache Lernanreize, Denkanstöße und Prüfungen verbergen sich in ihm, denn jeder Tag wird für uns individuell mit unvorstellbarer Präzision und Sorgfalt geplant. Wenn ich dann abends den vergangenen Tag wie einen Film noch einmal an mir vorüberziehen lasse, so hat das Bild, das ich von mir selber habe, ein klein wenig schärfere Konturen bekommen – und ist nicht mehr ganz so verzerrt wie gestern noch. Doch das Schönste daran ist: mit meinen 44 Karten weiß ich ganz genau, was ich gelernt, und wo ich mich verbessert habe. Heute war es „liebevoll sein”, und morgen? Jeden Tag ein anderes Thema. Du hast die Wahl! Jeden Tag ein anderes Schwingungsband, das sich verbessert und mehr Energie bekommt. Die Aura wird harmonischer; sie intensiviert sich und beginnt zu strahlen. Einzig Lernen macht meine Seele glücklich, das habe ich inzwischen begriffen, auch wenn es manchmal weh tut. Wir wissen es: „Steter Tropfen höhlt den Stein, bis der Kern wird sichtbar sein.”

Ergo: erinnern wir uns an den Titel dieses Beitrags – „Die Geschichte mit der Acht” – achtsam die Schule des Tages beobachten, achtsam mit sich selbst und seinem Körper sein – das ist die eine Seite der ominösen „8”. Die andere Seite erschließt sich uns erst, wenn wir uns bemühen, diese „8”-samkeit beständig in die Tat umzusetzen, und unsere Tagesschule erkennen. Die „8” wird wendig, und neigt sich, bei entsprechender Wunschkraft, mehr und mehr in die Horizontale! So wird aus der gewöhnlichen „8” die geheimnisvoll liegende „∞”, das mathematische Symbol der Unendlichkeit.


 
Chorus Mysticus
 
»Ewig schwingend,
sich umschlingend,
schließt die Seele
Band um Band.«
 
~»Was getrennt war,~
~unvereinbar,~
nahmst Du achtsam
an die Hand.«
 
»Neugeboren!
Auserkoren!
Tritt herein,
in heilges Land . . . «
 
» . . . denn nun geht
nie mehr verloren,
was einst nur
auf Zeit bestand.«

Wir werden niemals an ein Ende gelangen, wenn wir uns dafür entscheiden, seelisch zu lernen. Keine Angst! Langweilig wird es auch nie sein – denn das Erforschen kausaler Zusammenhänge erfüllt uns mit dauerhafter Freude. Es verbessert unsere seelische Intelligenz, und Hand in Hand damit schwingt unsere Seele mit mehr Energie, weil sie ständig etwas Neues dazu lernt. Bemühen wir uns um die beschriebene Art der Seelenschau, so wird jeder Tag, den wir erleben dürfen, zu einem Mosaiksteinchen im Spiegelbild unserer Persönlichkeit, bis wir uns eines Tages vollständig erkannt haben – und erst dann werden wir sein, wer wir in Wahrheit sind.

»Kausalität statt Banalität!«»Erkenne Dich!«

Lass die oberflächlichen Ablenkungen des Lebens hinter Dir, und tauche in die unbekannten Tiefen Deines Daseins ein! Das Licht, nach dem Du Dich so sehnst, wird Dich auch auf dem tiefsten Grund, in Finsternis und Dunkelheit noch sicher führen, bis endlich jene Lebensfluten, die kraftvoll Dir entgegenströmten, alles Grobe, Gemeine, und Verletzende von Deiner Seele abgewaschen haben. »Weiter! Immer der Quelle zu!« Nur so bereitest Du in Dir den Boden, auf dem dauerhafte Freude und – mit viel Geduld und Tapferkeit – die Fähigkeit zu echter, seelischer Liebe heranwachsen dürfen.




Herzen und Masken - mein 17410. Tag


Heute ist Aschermittwoch, die Narrenasche färbt den Schnee . . .

„Wann i oft a bissl ins Narrnkastl schau’, dann siech i a Madl mit Aug’n so blau . . . ” – so sang der österreichische Schlagerbarde Peter Cornelius vor etlichen Jahren. Wissen Sie denn überhaupt, was ein Narrenkastl ist? Nein? Das tröstet mich, denn ich wusste es auch nicht, bis mir eines Tages ein Salzburger Freund mit charmanter Verbeugung ein Österreichisch-Deutsch-Wörterbuch überreichte. „Ins Narrenkastel schauen” – das bedeutet so viel wie träumerisch sehnsuchtsvoll in die Ferne blicken – und ich dachte immer, ein Narrenkastel sei ein Käfig, in den man gesteckt wird, wenn man sich als Narr entblößt.

»Nur nicht auffallen! Mach dich nicht zum Narren!« So wurden – und werden wohl noch immer – viele Kinder am Gängelband geführt, und mit der großen Erziehungsschere wird unser Bäumchen immerfort beschnitten, bis es traurig seine kümmerlichen Zweige hängen lässt. Kein Wunder, wenn es dann den Herausforderungen des Lebens wenig abzugewinnen weiss, und stattdessen viel lieber weit weg „ins Narrenkastl” schaut, wo es die Fantasiegestalten seiner Kindheit vorüberziehen sieht.

»Einmal nur die Rolle spielen, die ich mir erträumt habe! Einmal nur den grauen Alltag ganz vergessen! Einmal nur ein(e) andre(r) sein!« Und schon schlüpfts in bunte Kleider, hüpft und springt vor Lust und Freude, und verwandelt sich in das Wesen, das wir – die Zuschauer vor den Kulissen – einen Narren nennen.

Das Drehbuch ist geschrieben, die Rollen sind verteilt.
»Welche Rolle hätten’s denn gern?«

Und hinter den Kulissen?

Was da geschieht, das lässt sich nur erahnen. Was hinter Masken sich verbirgt, das scheut gar allzuoft das Licht - - und lächelt dir ins Angesicht.

Das Unterscheidungsvermögen zwischen Herzen und Masken will gelernt sein.

»Hinter leeren Fensterhöhlen wohnt das Grauen, und des Himmels Wolken schauen« - - »t i e f hinein«, so möchte man in Abwandlung der Schillerschen Verse sagen; Schneeflocken umwirbeln die Larventräger, und ein eisiger Wind sorgt für den letzten Schliff auf den polierten Masken.

Die Augen sind das Fenster zur Seele, sagt man. Warum ist es eigentlich Mode geworden, seine Augen bei Tag und Nacht hinter einer Sonnenbrille zu verbergen? Der Mensch – ein Potemkinsches Dorf? Hauptsache, die Fassade hält. Nur nicht aus der Fassung bringen lassen, selbst wenn man schon versteinert ist . . . .

Rückblende: Faschingssonntag, der Bär ist los. Es ist schon eine seltsame Karawane, die bei Schnee und Kälte durch die Straßen von Weil der Stadt zieht. Die ehemalige freie Reichsstadt, überwiegend katholisch geprägt, ist eine Hochburg der schwäbisch-alemannischen „Fasnet”. Traktoren ziehen die schweren Umzugswagen, und ein Melodienreigen verschiedenster Musikgruppen vermengt sich zu einem unentwirrbaren Knäuel in meinem halbbetäubten Ohr. Es ist das erste Mal seit meiner Kindheit, dass ich wieder solch einem bunten Treiben zusehe, und ich staune ob der Fantasie und Kreativität aller Beteiligten. Wieviel Arbeitsstunden wurden in die Vorbereitungen für diesen Umzug gesteckt! Weder Kosten noch Mühen wurden gescheut, um den Narrenzünften aus nah und fern eine adäquate Bühne für ihren großen Auftritt bereitzustellen.

Beeindruckende, handgeschnitzte Masken und die dazugehörigen, handgearbeiteten „Häser” (Narrenkleider) zeugen von einer hohen Originalität schwäbisch-alemannischer Fasnacht, einer jahrhundertealten Tradition, sowie einer hochstehenden Handwerkskunst, die treulich von Generation zu Generation weitervererbt wird. Und so wandeln von der Teufelsfratze bis hin zur personifizierten Güte fast alle Facetten menschlichen Gebarens an mir vorüber. Ein Schauspiel, das den Zuschauern den Spiegel der Welt vorhält, wie einst der Narr dem Herzog in Shakespeares Komödie „What You Want”. „Was ihr wollt”, das könnt ihr haben, und den Löffel gleich dazu. Denn die Suppe, einmal eingebrockt, will ausgelöffelt sein.

Wir tun uns schwer, den Faden, den die Parzen spinnen, bloßzulegen. Des Lebens Los, fällt uns das einfach in den Schoß? Gewisslich nicht, sonst sprächen wir nicht vom Los, das wir gezogen haben. Die Drahtzieher sind wir allein. Ursach’ und Wirkung, gestern wie heut’. Den Leuten sieht man’s ins Gesicht geschrieben, und um den Hals hängt schwer beladen — sie, die Schicksalskette unsres Lebens, mit den vielen Narrenschellen dran. Bei jedem Schritt ein jede hell erklingend, künden sie vom Karma, das es abzutragen gilt.

Gestern tanzten sie, die Hexen. Ein Veitstanz, schaurig schön und wild. Heute liegen sie in Schutt und Asche, die aufgekehrt sein will. Und wissen taten sie’s wohl vorher schon, mit einem Liedchen auf den Lippen: »Da Bach naa, da Bach naa, mit Kummer un mit Sorga, bis am Asch-, bis am Asch-, bis am Aschermittwochmorga . . . « (Den Bach hinunter, den Bach hinunter, mit Kummer und mit Sorgen, bis am Asch-, bis am Asch-, bis am Aschermittwochmorgen . . . ). So lautet das Credo der Schramberger Da-Bach-na-Fahrer, die in bunt geschmückten Holzzubern die eisigen Wasser der Schiltach befahren. Schiffchen ahoi! Der Katzenjammer lässt nicht lange auf sich warten, und auf den Fasching folgt das Fasten. So war’s, und so wird’s lang noch sein.

Zerknirschter Sünder, jetzt bereue?
Sei besser fest in Tat und Treue.
Erkenne dich, dein wahres Wesen.
Nur an dir selbst kannst du genesen.

Ist’s nicht die schönste Rolle auf der Welt, sich selbst zu sein? Dazu bedarf’s – hurra – keiner Verstellung mehr.

Die Larve schlüpft.
Heraus kommst du.
Wie aus dem Ei gepellt.
Geschenk und Freude für die Welt.

Erst wenn wir alle Masken abgelegt haben, zeigt sich unser wahres Herz. Wer sich von Herzen wünscht, sich zu erkennen, der steht unter Schutz. Symbol: der weiße Schirm. Die Trauer weicht der Freude. Die Finsternis dem Licht.




Mein 17323. Tag
• Laterne, Laterne, Sonne, Mond und . . . blauer Himmel natürlich! •


ie Sterne überlassen wir den Kindern, die in der Abenddämmerung mit glänzenden Augen und leuchtenden Laternen in den Händen ihre Lieder anstimmen — jedes Kind ein Sternlein, das Licht hinausträgt, in die dunkle Welt.

Laternen leuchten für gewöhnlich, wenn es dunkel ist, denn das ist schließlich ihre Aufgabe: Licht ins Dunkel zu bringen.

Stört Sie das Blinken? Sie können die Laterne ausschalten – mit einem Mausklick.

Um so mehr fühlte ich mich heute gestört, am helllichten Tag die Straßenbeleuchtung brennen zu sehen. Ein Blick aus dem Küchenfenster genügt, um den Kopf zu schütteln. »Welche Energieverschwendung! Merkt das denn keiner? Alle reden vom Sparen, doch in der Praxis . . . «

Der Vormittag vergeht. Die Sache interessiert mich. Immer wieder ein Blick hinaus — die Straßenlampen brennen um die Wette, bei blauem Himmel und herrlichstem Sonnenschein. »Sollte ich vielleicht mal bei der Stadtverwaltung anrufen?« »Nein! Du solltest deine Tagesschule erkennen.« Betretenes Schweigen meinerseits.

Nach dem Mittagessen zieht es mich ein paar Schritte hinaus. Herrlich, die Sonne auf der Haut! Es ist mild, ich trage nicht einmal eine Jacke. Ich gehe unter den brennenden Straßenlaternen entlang, der gestrige Tag zieht noch einmal durch mein Gemüt. Es war ein Tag, der enorm an meinen Nerven gerüttelt hat. Das eine kam zum anderen hinzu, und irgendwann platzte mir der Kragen. Meine Sicherung brannte durch, während eines Telefonats. Der Grund meines Zorns war das Geschäftsgebaren eines Unternehmens, doch entlud er sich — wie immer — an der falschen Person. Ich hätte es gerne ungeschehen gemacht. Danach kam ich einfach nicht mehr zur Ruhe, angespannt lag ich abends im Bett. Schwere Sorgen trieben meine Gedanken ohne Unterlass im Kreis herum. Ich konnte den Ausstieg aus dem Sorgenkarussell nicht finden. Meine Batterien waren restlos entleert. Alle Energie verbraucht, verraucht und verpufft in dem Ärger, den ich an der Supportmitarbeiterin abgelassen hatte. Gedankenverloren gehe ich meine Runde, überlege . . . was ist das mit den Lampen für eine Tagesschule?

Die Synchronizität der Ereignisse, in die wir eingebunden sind, zeugt von der unglaublichen Präzision der Tagesschule.

Kurz vor der Haustür bin ich dann perplex: ich wende meinen Blick nach allen Seiten — die Straßenlaternen sind aus! Mir geht ein Licht auf. Gestern war mir die Sicherung durchgebrannt — und wer brennt durch, am heutigen Tag? Die Straßenbeleuchtung, sieh mal einer an! Ich hab’s erkannt, und somit brauchen auch die Lampen nicht mehr zu brennen.

Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: ich habe nicht dafür gesorgt, dass die „verschwenderi-
sche” Festbeleuchtung abgeschal-
tet wurde, aber mein Gemüt ist mit allem, was um mich herum geschieht, verbunden — und wird mit den Geschehnissen des Tages perfekt synchronisiert. Das heißt, ich bekam genau zum richtigen Zeitpunkt das Gefühl, an die Sonne hinauszugehen, den Fotoapparat mitzunehmen, mir Gedanken über den gestrigen Tag zu machen, und . . . erhielt synchron mit dem Abschalten der Straßenbeleuchtung die Hilfe von „oben” in Form von Denkanstößen, um die Zusammenhänge der Tagesschule zu erkennen. Hat man die Ursache für störende Gefühle erkannt, dann verschwinden sie sogleich. Eine Spiegelung im Äußeren wird damit hinfällig, die Lampen brauchten also nur so lang zu brennen, bis ich hinter mein gestriges Fehlverhalten kam.

Ich habe mir vergeben — für meine übertriebene Emotionalität — und dem Unternehmen für sein Geschäftsgebaren, das mich zur Raserei gebracht hatte. Ich kann nur dankbar dafür sein, denn ich habe aus diesen Geschehnissen gelernt. Eines Tages werde ich vollkommen ruhig und gelassen sein können, so dass mich nichts mehr aus der Fassung bringt, auch wenn es um mich her gewaltig stürmt und tobt.