Vergeben, Lektion 3 - mein 17163. Tag


inmal im Jahr kommt eine besonders harte Nuß im Bereich „Vergeben”. Wie lange benötige ich, um wieder unbelastet und innerlich unbeschwert zu sein?
Vergangenen Herbst: ich stelle den Antrag auf „Bezahlung per Lastschriftverfahren” bei einem großen deutschen Transportunternehmen, damit ich schnell und einfach online buchen kann. . .

Faxe alle benötigten Unterlagen zu (hat Arbeit gemacht), warte auf die Bestätigungsmail, die einige Tage später kommt. Versuche, ein Ticket online zu buchen, geht nicht, mehrmals versucht…(zeitintensiv). Forget it, löse die Sache anders. Vor zwei Wochen: benötige erneut ein Ticket, erneuter Anlauf. Habe zwischenzeitlich den Stand vom vergangenen Herbst vergessen, versuche online, ein Ticket zu lösen. Funktioniert nicht, mir dämmert wieder, dass da was war…Suche, suche, suche, warte, warte, warte in der Telefonhotlineendlosschleife, werde weitergeleitet, ein Mitarbeiter vertröstet mich einen endlos langen Moment (alles auf meine Kosten), und klärt mich auf: „Ja, sie sind angelegt, aber nicht freigeschaltet! Bitte faxen Sie die kompletten Unterlagen noch einmal zu, dann ist in zwei Tagen alles erledigt.” – Der Zorn beginnt, hochzusteigen, ich beherrsche mich. Habe ich die Unterlagen noch? Weiss er, wieviel Zeit und Nerven mich die ganze Sache schon gekostet hat? Ich sende das zweite Fax. Einen Tag später ein Rückruf auf dem AB: „Ja, wunderbar, hat alles gut funktioniert mit Ihrem Fax. Leider habe ich vergessen, zu erwähnen, dass Sie das ursprüngliche Antragsformular auch noch einmal mitfaxen müssen, damit Ihr Antrag zügig bearbeitet werden kann!” – Ich begehe im Geiste ein Tötungsdelikt. Was für eine Faxerei! Beherrsche mích, und sende das dritte Fax. Von der Sache höre ich nichts mehr. Eine Woche später erneuter Versuch, online zu buchen. Nichts geht…Suche, suche, suche, warte, warte, warte in der Telefonhotlineendlosschleife, werde weitergeleitet, eine Mitarbeiterin vertröstet mich einen endlos langen Moment (alles auf meine Kosten), und klärt mich auf: „Ja, sie sind angelegt, aber nicht freigeschaltet!” – mit meiner Beherrschung bin ich am Ende, ich werde laut und deutlich, sie zuckt mit den Schultern und meint, sie könne die Sache nur weiterleiten, sie selbst könne da auch nichts machen, das System…ich fange an, laut und unhöflich zu werden – sie stellt ihr Headset auf Bypass, lässt meine angestauten Aggressionen ins Leere laufen, ich höre nur noch das mechanische Klappern irgendwelcher Tastaturen…
Ich erwürge und stranguliere jeden Mitarbeiter einzeln, entlasse sie als fiktiver Chef mit einem Tritt in den Allerwertesten, und habe nicht einmal einen Sandsack, um mich abzureagieren.
Später bereue ich mein Verhalten, ich wünschte, ich könnte in extremen Situtionen wie dieser innerlich ruhiger bleiben. Sollte ich mir die Zeit nehmen, um einen Beschwerdebrief an die Geschäftsleitung aufzusetzen? Was sagt die Intuition? Nein, brauchst du nicht, das ist nicht deine Aufgabe. Willst du dich beschweren, n o c h — m e h r ? Ist dir die Last nicht schwer genug, die bereits auf deinen Schultern ruht? Wirf ab, was dich drückt, vergib dir selbst das eigene Fehlverhalten, und lerne aus den Fehlern, die die anderen machen. Mehr brauchst du nicht zu tun.

Als ich innerlich losgelassen und vergeben habe, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. „Dein Wille geschehe…” – der höheren Vernunft zu folgen, ist auf Dauer das einzig wirklich Sinnvolle. Die OnlineTicketbuchung interessiert mich nicht mehr. Es hat sich wie von Zauberhand eine praktikablere und einfachere Lösung ergeben…