ie freuen wir uns im Alltag über die kleinsten Begebenheiten, die uns Anlass geben, einmal die gewöhnliche Routine zu unterbrechen! Nein, es müssen wirklich nicht die großen Dinge sein, die uns Abwechslung verschaffen, und somit unser Gemüt erfrischen. Eine Monatsabrechnung für Internet- und Telefonnutzung tut es auch. Aua, das tut weh – und sie flattert auch ausgerechnet nach einer ausgedehnten Internetsitzung in den Briefkasten, den elektronischen – papierlos natürlich, da kommen wir dem Versorgerunternehmen großzügig entgegen.
Ein schöner Spiegel ist das, und wir bezahlen brav für die verpuffte Energie, für die endlosen Wartezeiten, für die Nervenbelastung und den Ärger mit fehlerhaften und inkompatiblen Webseiten, und — nichts mehr; die Aufzählung nähme sonst kein Ende. Haarsträubend ist es, was einem in der bunten Online-Welt alles widerfahren kann. Und nun darf ich auch noch Schmerzensgeld dafür bezahlen! Grummelnd und zerknirscht gehe ich außer Haus. Die reale Welt hat mich wieder. Ich bin unterwegs zum Thermalbad, und nicht gerade in einem wohlgeordneten äußerlichen Zustand; in der vagen Hoffnung, dass mir kein bekanntes Gesicht begegnet.
Doch etwas anderes begegnet mir. Was sehe ich da? Die Nummerntafel eines Fahrzeugs ist es, die mir geradezu in die Augen springt. Und endlich gibt es wieder was zum Schmunzeln: KA – MM … – das ist doch nicht etwa eine Aufforderung an mich? Zugegeben, mit langer wehender Künstlermähne ist man manchen Zeitgenossen schon ein Dorn im Auge. Verzweifelt fahre ich durch die Haare; hoffnungslos! Sie fallen in alle Richtungen, und lassen sich wirklich in kein Schema pressen. Doch werde ich nicht aufgeben; den letzten zwei zerbrochenen Pferdekämmen zum Trotz. Geeignet wäre ein Stahlkamm mit einem Zentimeter breiten Zwischenräumen, denn sonst komme ich durch meine Haare nicht hindurch. Momentan behelfe ich mir mit einer Gabel, rostfrei, aus Solinger Edelstahl, doch die ist momentan nicht griffbereit. Und abschneiden kommt auch nicht in Frage, weil mir die Drahtantennen auf dem Kopf den Empfang der Intuition erleichtern – und das hat höchste Priorität!
So spielt das Leben mit uns Katz und Maus, und das spiegelt sich in all den Eulenspiegeleien, die wir selber Tag für Tag von neuem aushecken. Tagesschule nennen wir das, und sie ist zu nichts weiters nutze, als dass wir sie beobachten, und, unser wahres ICH erkennend, aus ihr lernen; denn die Streiche, die wir schon von Kindesbeinen an beherrschten, nehmen nicht so leicht ein Ende. Jede Zeche muss bezahlt sein, bis auf den letzten Heller, wie wir aus Erfahrung wissen – und bliebe der Teller fortan leer, so hätten wir ein wichtiges Ziel erreicht: uns still und friedlich mit dem zu bescheiden, was wirklich in unserem Leben ansteht, und Tag für Tag zu tun ist. Nicht mehr, und nicht weniger, keine Ablenkungen, keine Abenteuer – denn diese Abende, wo man sein kleines Ego durchsetzt, und tut, was man gerade tun möchte, sind immer teuer zu bezahlen, im wahrsten Sinne des Wortes: ein teurer Abend war’s, ein wahres Aben(d)teuer – ich muss nur auf die Telefonrechnung schauen.
Auch wenn Sie es möglicherweise nicht so gerne hören – die höhere Vernunft im Universum erzieht uns mittels intelligenter Lebensgesetze zum „brav sein”, und es führt kein Weg daran vorbei – wir alle müssen mit der Zeit zu „Engeln” werden. Apropos, können Sie schon singen?
Zwei betende Engel, von William Blake gemalt; geheimnisvoll sind seine Werke, mystisch auch seine Dichtungen, unendliche Wahrheiten verkündend. Er nahm die Verinnerlichung der Romantik vorweg. Seine Bilder sind durchweg inspiriert; wir bewundern den Aufbau seiner Kompositionen, die sich zu einer Apotheose des Glaubens fügen: sich im Gebet einander zuneigende Engel formieren sich symbolisch zu den bittend aneinandergelegten Händen, die gen Himmel gerichtet sind. Wir sollten es uns zu Herzen nehmen – und keinen Tag ohne positiven Wunsch verstreichen lassen!